Introduction

Richtspruch mit Traubensaft

Richtspruch mit Traubensaft

Es war ein wenig still hier vor ein paar Wochen. Dafür ging auf meinen Baustelle so einiges voran – endlich. Nach vielen Ach und Krach wurde bei meinem “Problemkind” endlich der Rohbau fertiggestellt (rechtzeitig vor meinem Urlaub!).

10 Geschossen, die sich gewaschen haben, und mir eine Bauleitertaufe nicht ganz ohne bescherten. Wies bei uns so Brauch ist, wird die Fertigstellung des Rohbaus mit einem Richtfest gebühren gefeiert. Traditionell hält der Zimmerermeister den Richtspruch, nur bei einem Betonbau sucht man den lange. Aber, wo es keinen Zimmerer oder Maurer gibt, muss eben der Bauleiter ran. Oder eben die Bauleiterin:

Froh versammelte Richtfestgäste,
laßt grüßen Euch auf`s allerbeste
und hört nach altem Brauchtum an
vom Dachstuhl hoch den Zimmermann
Nein…

vom Stuhle hier die Bauleiter’in an.

So weit so gut. Ich halte eigentlich ganz gerne Reden und besonders das Dichten hat mir großen Spaß gemacht. Wer jetzt aber schon mal auf einem Richtfest war, wird sich denken: “Moment mal! Du bist doch schwanger? Zum Richtspruch gehört aber auch was zum Anstoßen!”

Nun nehm´ ich doch etwas erleichtert das Glas zur Hand,
gefüllt mit Wein bis an den Rand,
und mit feurigen Saft der Reben
will jedermann die Ehr´ich geben,
wie sich´s nach alten Brauch gebührt,
wenn so ein Bau ist ausgeführt.

Während ich solche Traditionen gerne hochhalte, war mal eben so 3 Gläser Wein auf mein kleines Baby im Bauch zu kippen keine Option. Da vorne die Rede mit einem TetraPak Traubensaft zu halten aber auch nicht. Der ideale Kompromiss war für mich deswegen: Traubensaft aus der Weinflasche. Mein Polier opferte sich gnädigerweise zumindest einen Teil des Weins, der ursprünglich in der Flasche war, in seinem Glas zu beherbergen. Die leere Weinflasche füllten wir dann einfach wieder mit dem Saft auf und nichts stand dem Trink-… äh Richtspruch mehr im Wege.

Bei Richtspruch läuft das dann in etwa so ab: Ein paar Verslein zum Einstieg und dann wird “jedermann die Ehr gegeben” und mit einem gehexten Glas Traubensaft bedacht – Planer, Bauherren, Polier, Bautrupp. Mein Polier stand verschmitzt grinsend neben mir, während er mir nach jedem “hoch, hoch, hoch” das Glas noch ein wenig voller füllte – mit Saft aus der Weinflasche. Und zum Schluss mein persönlicher Lieblingsteil der ganzen Angelegenheit (neben der Brotzeit selbstverständlich):

Nun ist das Glas wohl ausgeleert
und weiter für mich nichts mehr wert,
drum werf´ ich es zu Boden nieder,
zerschmettert braucht es keiner wieder,
doch Scherben heißen Glück und Segen
dem Bau, dem Mensch, auf allen Wegen!

Quelle: Bild © barockschloss unter Creative Commons CC BY 2.0

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