Introduction

Zweittrimesterscreening

Zweittrimesterscreening

B_15Hallo, hier ist Hugo mal wieder.

Ich erzähle heute ein bisschen von dem Zweittrimesterscreening.
Wir waren ein bisschen auferegt, weil wir uns eigentlich überlegt hatten, dass wir uns diesmal überraschen lassen, ob es Junge oder Mädchen wird. Also bis zur Geburt warten. Wie früher. Diesen Moment in alten Filmen wo sie sagen: „Es ist ein…“ wollte ich immer schon mal erleben.

Bei Laurenz hatten wir das auch schon überlegt, aber als wir dann damals beim Ultraschall waren hat die Frauenärztin gefragt „Wollen Sie’s eigentlich wissen?“ und wir so „Hmm, mjein…“ „Ja, dann hätten sie jetzt schon wegschauen müssen…“ und da huschte auf dem Bilschirm gerade ein kleines Zipfelchen vorbei und dann war eh schon alles klar.
Diesmal wollten wir also versuchen, etwas standhafter zu bleiben mit der Überraschung. Insgeheim waren wir uns aber beide nicht so sicher, wie lange wir die Spannung aushalten würden. Irgendwie ist es ja auch ganz nett, wenn man sich schon ein bisschen drauf einstellen kann, was einen erwartet.

Ja, wie soll ich sagen, der ganze Termin war irgendwie ein bisschen komisch. Die Frauenärztin hatte uns in eine spezielle Pränatal-Untersuchungs-Praxis überwiesen, wieso wussten wir eigentlich nicht so genau. Die hätten dort bessere Geräte. Wir kamen da also etwas ratlos an und es sah aus wie so eine Zahnarztpraxis aus der Zukunft: alles in blendend weiß gehalten, mit mintfarbenen Akzenten. Laurenz war natürlich auch dabei, das wollte er sich nicht nehmen lassen. Überhaupt legt er großen Wert darauf, in alles mit einbezogen zu werden, was seinen kleinen Bruder (für ihn steht das ja sowieso fest, auch wenn er Oma und Opa gegenüber immer behauptet: „Ich lass mich überraschen.“) angeht. Wir beide machten uns erst mal über die Glasschale mit Gletscher-Eis-Bonbons her, die – farblich passend – im Wartezimmer bereit stand. Ha, die hatte ich seit der Schulzeit nicht mehr gegessen…

Die Untersuchung war dann sehr technisch und langwierig. Zuerst kam ein Gespräch, in dem der junge Radiologe munter und dynamisch unsere Familienanamnesen abfragte und dann wieselflink auf seinem Notizblock eine Wahrscheinlichkeitsrechnung vorrechnete von „zu soundvielachtzig Prozent können wir eine Fehlentwicklung ausschließen und diese Zahl können wir durch die Ultraschalluntersuchung noch mal um soundsoviel reduzieren“. Aha. Das sagte er mit der Unerschütterlichkeit absoluter Gewissheit, mir kam das Ganze aber doch sehr hypothetisch vor. Dann begann die eigentliche Ultraschalluntersuchung und aufwändige Vermessung jedes einzelnen Körperteils des kleinen Bauchbewohners. Die Verhältnisse der verschiedenen Maße zueinander könnten Aufschluß über Entwicklung des Kindes geben. Am Anfang starrten wir alle gebannt auf den an der Decke angebrachten Riesenflatscreen, auf unser kleines Baby zu sehen war, wie es im Bauch herumzappelte. Oder meistens irgendwelche stark vergrösserten abstrakten Körperteile. Eifrig wie ein Bienchen zoomte und klickte und werkte der Herr Doktor herum. Mir kam die Szene ein wenig absurd vor, vor allem nachdem ich den Vormittag in einer MRT-Röhre verbracht hatte, die Scheibchenweise das Innere meines Gehirns durchleuchtete. Laurenz war schon nach kurzer Zeit eingeschlafen.

Irgendwann im Lauf der Prozedur kam dann die Geschlechtsfrage auf, und irgendwie erschien es uns in dem Moment sinnlos, künstlich an unserer Überraschungnummer festzuhalten, nachdem schon alles vom Nasenpopel bis zum kleinen Fingernagel des kleinen Wurms durchleuchtet und vermessen war. Irgendwie war die Magie ein bisschen weg. Also ließen wir es uns sagen. Es wird… ein JUNGE.

Am Schluß bekamen wir dann noch ein 3D-Photo von dem Kleinen mit auf den Weg, dass der Herr Doktor mit Hilfe seiner Armaturen (die aussahen, als könnte man damit locker auch eine Mondrakete steuern) mit sichtlichem Stolz aus den Schallschichten herausschälte. Sehr süß schaut der Kleine auf dem Bild aus und Laurenz als Neugeborenem total ähnlich. Trotzdem beschlichen mich leise Zweifel, ob man wirklich schon im Mutterleib fotografiert werden muss? Wir bekamen dann noch eine Postkarte mit mit der Bitte, diese nach der Geburt mit einigen Angaben zurückzuschicken, für die Datenbank. Waren wir also unverhofft in eine Forschungsstudie geraten? Froh das alles in Ordnung ist und ein bisschen erschlagen gingen wir nach Hause.

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