Introduction

Schwanger mit 44

Schwanger mit 44

„Wollen Sie es behalten?“

Das waren die ersten Worte, die ich während meines Frauenarztbesuchs nach meinem positiven Schwangerschaftstest hörte. „Wie bitte?“ Ein bisschen mehr Empathie hätte ich von einer Arzthelferin schon erwartet, zumal ich ein halbes Jahr zuvor zwei Fehlgeburten hatte. Erneut schwanger, mit 44 Jahren.

Liegt es an meinem Alter?

Nicht weniger dreist hatte meine vorherige Gynäkologin sich beim positiven Test danach erkundigt, ob ich etwa einen neuen Partner für das Baby hätte. Freunde fragten später: „War das geplant?“

Ja, das war es. Es ist auch der gleiche Papa und außerdem ein ersehntes, zweites Wunschkind. „Natürlich will ich es behalten“, stammelte ich sichtlich verdutzt und ging vom Labor zurück ins Wartezimmer.

Pixabay/ Daniel Cubas

Test positiv

Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie ich mit leicht zittriger Hand den Schwangerschaftstest in den Kunststoffbecher mit Urin hielt. Ich war erst spät von einem Abendtermin nach Hause gekommen. Da ich aber schon mehr als eine Woche über den Nicht-Menstruations-Tag (NMT) hinaus war, wollte ich endlich Gewissheit. Eigentlich stand das Ergebnis für mich schon fest – so wie auch die letzten beiden Male. Vermehrter Harndrang, trockener Mund, all das waren Zeichen der Frühschwangerschaft.

Der Test zeigte sofort deutlich zwei blaue Streifen an. Mit geheimnisvollem Lächeln verließ ich das Badezimmer. Meinem Freund wollte ich es erstmal noch nicht verraten. Zu groß war die Enttäuschung nach zwei Fehlgeburten. Vielleicht fühlte ich mich auch ein wenig schuldig. Schließlich hatte ich den Zweifachpapa in Spe jedes Mal mit einem positiven Test überrascht, um dann vom ersten Ultraschall mit negativen Nachrichten zurückzukommen. Beide Male hatte sich der Embryo nicht weiterentwickelt. Die Enttäuschung über das negative Ergebnis stand auch meinem Freund ins Gesicht geschrieben.

Eine Überraschung zu Halloween

Diesmal wollte ich daher kein Risiko eingehen. In einer Woche sollte mein Freund wegen einer Nierenstein-Operation ins Krankenhaus. Wenn er wieder nach Hause darf, hätte ich meine erste Vorsorgeuntersuchung hinter mir und Gewissheit, ob die Schwangerschaft diesmal soweit stabil ist. So lange müsste ich mein süßes Geheimnis eben hüten. Doch bereits wenige Tage später schwante ihm, dass ich schwanger sein könnte, und er bohrte nach. „Wie kommst du denn darauf?“, stammelte ich. Damit war die Sache erstmal vom Tisch. Doch nun plagte mich ein schlechtes Gewissen. Lügen ist einfach nicht mein Ding. Ich wollte ihn aber zumindest überraschen.

Am Sonntag darauf, es war Halloween, nahm ich ein Gemälde unserer vierjährigen Tochter, wickelte den Schwangerschaftstest darin ein und legte es zu seinem Frühstücksteller. Als er das Papier aufwickelte und den positiven Test entdeckte, freute er sich. Gemeinsam fieberten wir dem ersten Ultraschalltermin entgegen.

Pixabay/ Pexels

Alkohol Adieu

Am Nachmittag gingen wir gemeinsam mit Freunden aus dem Kindergarten, den meine Tochter besucht, in den Münchner Westpark, um Halloween zu feiern. Verraten wollte ich den anderen Eltern an diesem herrlich warmen Herbsttag noch nicht, dass ich wieder schwanger bin. Die Kinder waren in ihren gruseligen Kostümen guter Laune, wir Eltern entsprechend entspannt. Dabei fiel gar nicht auf, dass ich als Einzige einen Kaffee Latte trank, während die anderen eine Flasche kühles Bier genossen.

Pixabay/ tookapic

Anders war es in meiner ersten Schwangerschaft: Da war ich es noch gewohnt, regelmäßig ein Gläschen Alkohol zu trinken. Es war an einem Sonntag im Hochsommer 2016 als ich positiv testete. Der Tag war lang, das Wetter sehr warm und ich hatte ausnahmsweise mal keinen Sonntagsdienst. Mein Freund und ich entschieden am Abend zum Biergarten zu gehen. Vor der Theke überlegten wir, was wir bestellen sollten. „Ein Helles, oder?“ Mein Freund schaute mich fragend an, während er sein Portmonee aus der Hosentasche fädelte. Es war erst ein paar Stunden her, als ich zum ersten Mal einen positiven Schwangerschaftstest in den Händen gehalten hatte. Doch mir wurde eines schnell klar: Alkohol ist von nun an Tabu. Ich lächelte verlegen: „Lieber alkoholfrei. Ich bin doch schwanger.“

Ein pochendes Herz

An einem Freitag im November 2021, kurz nachdem meinem Freund die Nierensteine entfernt worden waren, war es dann so weit: Der erste Ultraschalltermin stand an. Mit wissendem Lächeln nahm ich die Nachricht auf, dass auch der Urintest beim Gynäkologen positiv und der HCG-Wert dementsprechend hoch war. Als ich dann jedoch das Untersuchungszimmer betrat, umschlich mich ein mulmiges Gefühl. Was, wenn die Freude diesmal wieder von kurzer Dauer ist? Als die Ärztin mit dem Ultraschallgerät in meinen Bauch schallte, sagte sie zunächst nichts. Ich schaute weg, wollte mir diesmal den Anblick einer leeren Fruchthöhle ersparen. Sie setzte das Gerät ab. „Haben Sie den Herzschlag gesehen?“ Herzschlag? Moment mal! Ich verneinte, immer noch ungläubig. Daraufhin zeigte mir die Ärztin, auf was ich seit rund einem Jahr gewartet hatte, einen winzigen Embryo in einer Fruchthöhle mit schlagendem Herzen. Alles sah gut aus. Ich konnte es kaum fassen. Endlich wieder schwanger mit 44 Jahren!

 

 

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