In meinem Bewerbungsgespräch war mir noch gesagt worden, ich würde voraussichtlich nach sechs Monaten meine erste eigene Baustelle zugeteilt bekommen. Aber wie das so ist im Leben, kommt es anders als man denkt. Tatsächlich hatte ich mehr oder weniger meine erste Baustelle etwa drei bis vier Wochen nach dem ich angefangen hatte. Natürlich mit Oberbauleiter im Hintergrund (bzw. zwangsweise öfters auch im Vordergrund), aber doch offiziell verantwortlich.
Das Projekt scheint mir ein wenig ein Desaster zu sein – von Anfang an und nicht erst, seit ich drauf bin. Aus meinem Team höre ich immer wieder “Wenn die erst mal aus dem Dreck raus sind, dann läuft.” Sprich, wenn der Erdgeschossboden betoniert ist, normalisiert sich alles. Das war jetzt vor 6 Wochen und ich hab das Gefühl, gar nicht normalisiert sich. Es sei denn, das hier ist der Normalzustand.
Zu allem Übel ist eine Baustelle ja nicht auslastend für einen Bauleiter. Meine neue steht also schon in den Startlöchern. Und an manchen Tagen bin ich tatsächlich froh darüber, mich einfach wo einlesen und eindecken zu können, ohne dass daraus direkt Fristen und Dringen-Machen-Listen entstehen. Das sind wahrscheinlich die Tage, an denen ich mittags nicht so müde bin. An manchen Tagen beneide ich auch furchtbar die ganzen Radler auf dem Weg zur Arbeit, die mir entlang der Isar begegnen, wenn ich von der Baustelle aus ins Büro fahre. Ich vermisse mein Rad und ein wenig mehr Bewegung würde meinem Körper auch oder besonders jetzt ganz gut tun. Dann denke ich schon manchmal “Was, wenn ich den Job bei der Stadt angenommen hätte…” Auch langfristig wäre da bestimmt vielen einfacher gewesen. Aber, es war ja alles nicht direkt so geplant gewesen und überhaupt sind solche Überlegungen müßig. Ich werd schon sehen, wie es weitergeht.
Als mein Oberbauleiter (sprich direkter Vorgesetzter und Teamleiter) mir von der neuen Baustelle erzählt hat, muss ich sagen, war ich schon erst mal stolz. Ich mein, das heißt ja auch, dass ich mich irgendwie ganz geschickt anstellen muss – trotz Müdigkeit. Da musste ich es ihm dann aber doch endlich sagen. “Ja, gerne übernehme ich die Baustelle. Aber vom Zeitplan her müssen wir uns ranhalten. Ab Oktober bin ich nämlich im Mutterschutz.” Einen Moment musste er sich sammeln, aber dann kam ein breites Grinsen über sein Gesicht. Ein Glück, jetzt ist mir der Stein auch vom Herzen.
0 Kommentare zu “Wie sag ichs meinem Chef?”