Introduction

Schon wieder in der Notaufnahme

Schon wieder in der Notaufnahme

In den letzten Wochen waren wir tatsächlich dreimal wegen meines kleinen Rabauken in der Notaufnahme. Primär, weil der Kinderarzt uns telefonisch direkt weiterverwiesen hat. Es war also keine klassische Krankenwagenfahrt mit Blaulicht dorthin. Dennoch war das Dasein als gefühlter Dauergast in der Notaufnahme emotional.

Ich selbst war zuvor erst einmal in der Notaufnahme. Damals hatte ich im Büro einen anaphylaktischen Schock aufgrund der Einnahme von Schmerztabletten und habe sehr heftig reagiert. Mein Chef hat dann den Notarzt gerufen und ich wurde – wie im Film – unter den Blicken meiner Kollegen mit Blaulicht abtransportiert. Seitdem habe ich keinerlei Schmerztabletten mehr eingenommen. Das war bisher mein klassisches Bild von einer Notaufnahme. Jetzt Dauergast in der Notaufnahme zu sein, hätte ich mir niemals träumen lassen.

Wenn mein Kleiner krank ist oder sich verletzt, ist das für mich mal mehr und mal weniger emotional. Im Grunde bin ich eine entspannte Mama und gehöre nicht zu den sogenannten Hypochonder oder Helikopter Eltern. Dennoch ist mein Sohn der erste Mensch, den ich wirklich bedingungslos liebe und um den ich richtig Sorge habe. Da ich bewusst keinen Kontakt zu meiner Familie habe, kenne ich eine derartig enge und sichere Bindung zu einem Menschen nicht. Das ruft in einigen Situationen besondere Ängste in mir hervor, meinen Sohn verlieren zu können. Ich glaube, das könnte ich nicht überleben.

Unser Kita-Freund hatte kürzlich eine Lungenentzündung und lag ein Wochenende im Krankenhaus. Für seine Mama war das verständlicherweise sehr schwer zu ertragen. Als ich das Foto von ihm dort im Bettchen an den Schläuchen gesehen habe, wurde mir ganz flau. Ich weiß nicht, wie ich diese Sorge aushalten könnte. Da waren unsere Notaufnahme-Besuche kein Vergleich.

Das erste Mal Notaufnahme war emotional

Wir sind montagnachmittags im Fenkid-Maxi-Kurs. Dort dürfen sich die Kinder in vorbereiteter Umgebung frei bewegen, Spielen und Klettern. Die älteren Kinder klettern gerne auf die Fensterbank und springen in einen Kissenhaufen. Mein Sohn hat mitgemacht und schrie auf, als er in den Kissen lag. Er war wohl mit dem Fuß weggeknickt beim Aufkommen. Normalerweise weint er kurz und zieht dann wieder los. Dieses Mal war es anders. Nach ein paar Schritten fing er immer wieder an zu weinen. Das zog sich sicher über 30 Minuten. Mir wurde direkt schwindelig, da ich das Schlimmste vermutete. Was, wenn der Fuß gebrochen wäre? Wie sollte ich dieses aktive Kind ruhig halten?

Er hatte eindeutig starke Scherzen. Die anderen Eltern und auch die Kursleitung rieten mir, in das nahe gelegene Kinderkrankenhaus in die Notaufnahme zu gehen. wir verließen den Kurs also frühzeitig, ich zog uns an und setze meinen Sohn ohne Schuhe in den Kinderwagen. Auf dem Weg zum Krankenhaus war ich sehr angespannt. Das erste Mal betraten wir die Notaufnahme. Abends im Dunkeln fühlt sich das auch nochmal anders und beängstigender an als untertags im Tageslicht.

Wir meldeten uns an, kamen schnell dran und die Ärztin wollte Leo laufen sehen. Inzwischen hatte er ausschließlich im Kinderwagen gesessen. Er stand also auf und lief völlig problemlos durch den Raum. Gemessen an den Schmerzen, die er noch eine Stunde zuvor gehabt hatte, war das kaum zu glauben. Ich war erleichtert und peinlich berührt zugleich. Es war mir fast unangenehm, vor der Ärztin. Sie sagte aber auch, dass man lieber einmal zu viel schauen sollte als zu wenig.

Das zweite Mal Notaufnahme ging sehr schnell

Mein Sohn war abends beim Heimkommen die Treppe im Treppenhaus heruntergefallen. Ich habe es nicht gesehen, da ich gerade den Kinderwagen verstaute. Er lag schreiend auf der Vorderseite auf dem Boden. Ich hob ihn hoch und nahm ihn einfach nur in den Arm. Nach einigen Minuten beruhigte er sich und da bemerkte ich sehr viel Blut an meiner Jacke. Wir gingen erstmal rein und ich schaute mir sein Gesicht genauer an. Die Oberlippe war so angeschwollen, dass ich seine Zähne nicht sehen konnte. Später bemerkte ich, dass an der Lippe kein Blut war, denn es ließ sich nicht wegwischen. Es war also eine aufgeplatzte Lippe.

Ich hatte den Impuls, einfach Schlafen zu gehen und jetzt nichts zu unternehmen. Unserer Kinderärztin schickte ich ein Foto per Mail und fragte, was zu tun sei.

Die Nacht verlief ruhig und am Morgen rief die Ärztin direkt an. Sie schickte uns in die Notaufnahme, da die Lippe genäht werden solle und die Zähne angeschaut werden müssten.

Jetzt waren wir schon kleine Notaufnahmeprofis und waren nicht mehr ganz so aufgeregt. Bei der Anmeldung sagte man uns, dass die Wundheilung schon eingesetzt hatte über Nacht und dass man jetzt nicht mehr nähen würde. Es war wohl ohnehin nur eine leichte Platzwunde. Er schickte uns dennoch weiter in das Mund-Kiefer-Zentrum, um den Zustand der Zähne zu überprüfen. Das war praktischerweise gleich nebenan und wir wurden netterweise vorgezogen. Die Untersuchung ergab, dass die Zähne keinen Schaden erlitten haben und noch fest im Kiefer waren. Wir waren also wieder mit dem Schrecken davongekommen. Die Lippe ist mittlerweile gut verheilt, ohne Hilfsmittel.

Das dritte Mal Notaufnahme war schon fast Routine

Der kleine Rabauke hat daheim seinen Korb mit Autos von Regal runter ausgeschüttet und das Feuerwehrauto aus Holz ist ihm auf den Fuß gefallen. Ich erkenne schon am Weinen, ob es ein wenig schmerzt oder ob er sich wirklich richtig stark verletzt hat. Es war stark. Nachdem er sich beruhigt hatte, zog ich seinen Socken aus und sah den blauen Zeh.

Der Nagel hatte sich direkt blau verfärbt und der Zeh war ganz rot. Ich versuchte zu Kühlen, aber er wollte nicht und so saßen wir eine Zeitlang auf dem Sofa, bis dass er wieder losgelaufen ist, ohne den Zeh zu belasten. Er sagte „wieder gut Mama“.

Wieder schickte ich eine Mail mit Foto zu unserer Ärztin. Sie riefen zurück und sagten, es müsse chirurgisch angeschaut werden. Wir machten uns also wieder auf in die Notaufnahme.

Der Arzt sagte uns, dass mein Kleiner das gesündeste Kind im Umkreis sei und wunderte sich, dass der Kinderarzt nicht selbst behandelt hatte. Nach dem Röntgen stand fest, dass glücklicherweise nichts gebrochen ist. Er stach ein Loch in den Nagel, um gestautes Blut abfließen zu lassen und nach einem aufregenden Tag sind wir erstmal über den Weihnachtsmarkt spaziert, um die Nerven zu beruhigen,

Dauergast in der Notaufnahme

Mein Sohn hat alle Besuche dort kooperativ und für seine Verhältnisse relativ ruhig mitgemacht. Er liebt den Spielbereich dort und so ist die Wartezeit gut zu überbrücken. Ich bin froh, dass wir so zentral wohnen, dass wir schnell dort sein können. Allen Münchnern kann ich die Notaufnahme von Haunerschen Kinderspital weiterempfehlen.

Ich finde, wir sind jedes Mal glimpflich davongekommen. Wenn wir dann jeweils daheim waren, musste ich erstmal weinen. Da habe ich dann erst gemerkt, wie viel Spannung und Sorge unter meiner Stärke verborgen waren. Jedes Mal, ohne einen weiteren Elternteil diese Situation zu halten, ist wahnsinnig fordern.

Ich weiß, dass ich die Stärke besitze und alles schaffe, und dennoch wäre es schön, wenn zukünftig mehr Herzensmenschen um uns sind. Zudem hoffe ich sehr, dass wir zukünftig weniger eng getaktet Dauergast in der Notaufnahme sind. Der einhergehende Kita-Ausfall zusätzlich zu den gängigen Kita-Krankheiten fehlt mir dann zeitlich jeweils auch und meine Erledigungen dürfen dann warten, was wiederum inneren Druck bei mir erzeugt.

Jeder Situation birgt Positives

Das Positive an diesen Extremsituationen ist, dass die Verbindung zwischen meinem Sohn und mir gefühlt noch stärker wird. Wir gehen Seite an Seite als Team dort durch. Wenn die Untersuchungen überstanden sind. Schmerzen vergangen und Entwarnung für schlimme Folgen gegeben wird, bin ich immer sehr dankbar und sanfter zu ihm. Meine liebevollen Gefühle überwiegen dann absolut. In den Tagen danach bin ich dann viel dankbarer um die gesunden Momente. Am Ende ist die Gesundheit das wichtigste Gut. So oft rückt bei uns allen dieser Fakt in den Hintergrund im trubeligen Alltag. Ich hoffe, wir werden zukünftig nicht mehr Dauergast in der Notaufnahme sein.

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