In mir ist es unruhig. Ich mache mir Sorgen über meinen Kontostand und ich wünschte, es wäre nicht so. Ich habe Existenzängste und weiß aktuell noch keinen Ausweg.
Staatliche Leistungen temporär hilfreich
Seit 3 Jahren lebe ich ergänzend von staatlichen Leistungen und ich hatte nie vor, sie so lang zu nutzen. Wir können uns glücklich schätzen, diese Möglichkeit in Deutschland zu haben, aber sie sind nur temporär hilfreich. In meinen Augen ist die Summe in einer Stadt wie München absolut nicht ausreichend. Jeden Monat habe ich mehr Ausgaben als ich Einkommen hatte und so ist mein Kontostand Stück für Stück gesunken. Nach einer größeren Rechnung bin ich nun im Dispositionskredit angekommen und das fühlt sich ganz und gar nicht gut an. Von der zusätzlichen Belastung der Überziehungszinsen mal ganz zu schweigen.
Alleinerziehende am Rande des Existenzminimums
Kürzlich gab es in München ein kleines Festival für Single-Mamas. In diesem Rahmen wurden für mich erschreckende Zahlen genannt. Insgesamt seien 89% der Alleinerziehenden Frauen. Von Armut betroffen seien 43% der Alleinerziehenden und 1/4 bezöge Bürgergeld.
Die Armutsgefährdungsschwelle Alleinerziehender in München betrüge € 2.000,- mit einem Kind unter 14 Jahren. Das kann ich bestätigen, denn dieser Betrag ist eine Herausforderung. Sobald eine größere, unvorhergesehene Rechnung kommt, geht der Puls in die Höhe.
Wofür geben wir Geld aus?
In einer Stadt wie München brauche ich schon als Single mindestens € 2.500,- monatlich. Und dann war ich noch nicht auf Reisen. Das ist der Betrag für meine Fixkosten und ein Taschengeld für Unternehmungen, Eis, Pommes und Kaffee TO GO. Jetzt mit Kind ist das mehr und wird nicht durch das Kindergeld abgedeckt. Zudem sind die gestiegenen Lebensmittelpreise deutlich spürbar.
Baby in die Betreuung geben?
In meiner Vorstellung während der Schwangerschaft, hatte ich die Idee davon, schnell wieder zu Arbeiten nach der Geburt. Doch die Realität sah anders aus. Schnell merkte ich, dass ich mit Baby daheim zu nichts kam. Als ich mir nach einer Betreuung für Babys ansah, ging ich mit Tränen in den Augen wieder raus. Da war der Kleine 3 Monate alt und ich konnte ihn eindeutig nicht dort lassen.
Da beschloss ich, möglichst lang mit möglichst wenig Geld auszukommen, um ihn begleiten zu können. Jetzt ist er regulär in der Kita und ich schaue nach Lösungen.
Was ist die Lösung?
Bevor ich Mama wurde, bin ich bei finanziellen Engpässen zusätzlich zu meinem Hauptjob Kellnern gegangen und hatte wieder schnell Geld. Das geht jetzt nicht mehr, da ich für die Abende keine Babysitter-Unterstützung habe und es keinen Sinn macht, Geld auszugeben, um Geld zu verdienen.
Wir Alleinerziehenden brauchen deutlich mehr Unterstützung. Eigentlich ist es schon ein vollwertiger Job, das Kind zu begleiten. Zusätzlich zu dieser Care Arbeit wird es als selbstverständlich gesehen, Lohnarbeit auszuführen. Und nebenbei machen wir den Haushalt, managen sämtliche Themen der kleinen Familie, kümmere ich mich als Mama um die Regulation des Nervensystems und so vieles mehr. Es passt nicht alles in den Tag und alle Bälle wollen gleichzeitig jongliert werden.
Wir brauchen Unterstützung in Form von flexibleren und bezahlbaren Betreuungsmöglichkeiten. Darauf sind wir angewiesen und wir haben 6-8 Wochen Notbetreuung, die ich allein abdecken darf. Die Kita schreibt dann die Empfehlung „Bleiben Sie doch im Home-Office mit Kind“, aber das ist völlig unrealistisch. Sobald ich den PC daheim aufklappe, sitzt mein Kind neben mir und will mitmachen. Diesen Blogbeitrag schreibe ich gerade um 23.41 Uhr in aller Ruhe, aber mit kleinen Augen.
Wenn ich reguläre Schließzeiten, seine Krankheiten und meine Krankheiten dazu rechne, sind das eine Menge Tage, an denen ich nicht arbeiten kann.
Perspektivisch stelle ich mir mindestens € 10.000,- passives Einkommen vor und möchte finanziell und zeitlich frei sein. Am liebsten nicht des Geldes wegen Arbeiten, sondern einfach machen, was Spaß bringt. Ich glaube, dass das realistisch ist mithilfe eines Mentors und einem klaren Ziel. Ich denke, es benötigt einige Monate Vorbereitung und inzwischen könnte ich doch nochmal Lohnarbeit bzw. „Zeit gegen Geld“ eingehen.
Festanstellung oder freiberuflich
Nach der Beendigung meiner letzten Festanstellung habe ich gesagt, ich werde nur noch freiberuflich arbeiten. In dieser Anstellung habe ich sogar für 30h/Monat mehr verdient als bei der vorherigen Stelle für 40/h Monat. Und dennoch hat es mich nicht glücklich gemacht. Das Unternehmen hat nicht meine Werte vertreten und der Sales Job war gezeichnet von Zahlendruck und schlaflosen Nächten. Das sind eben auch die Jobs, die gut bezahlt sind. Je mehr Verantwortung, desto mehr Gehalt. So war bisher meine berufliche Realität und diesen Glaubenssatz trage ich jetzt in mir. Auch wenn ich ihn gerne loshaben würde.
Vorteile der Festanstellung:
- Wenn der Kleine oder ich krank sind, dann wären wir durch eine Festanstellung abgesichert
- Wenn die Kita wieder Notbetreuung hat, könnte ich mich krankmelden und hätte weniger Druck
- Das Einkommen wäre regelmäßig und planbar
- In ein Team eingebunden sein, kann sehr erfüllend sein
Vorteile der Selbständigkeit:
- Ich bin frei jede Entscheidung zu treffen und umzusetzen
- Ich entscheide wann, wieviel und mit wem ich arbeite
- Ich kann mehr Geld verdienen durch höhere Stundensätze
Aktuell bin ich der Meinung, dass maximal 20h/Woche realistisch machbar sind und das ist mir schon zu viel. Mein Wunsch wären 10-15h, denn ich möchte entspannt dabei bleiben und auch noch Zeit für meinen Freiraum haben. Doch verdiene ich dann genug, um die Existenzängste aufzulösen? Mein Verstand sagt nein. Mein Herz ruft ja.
Die Kita-Zeit ist meine einzige Zeit für mich und meine Bedürfnisse. Kürzlich war ich das erste Mal alleine auf einer Mini-Wanderung am Taubenberg und habe Kraft getankt.
Ab kommendem September hatte ich die Kita Stunden aufgestockt, sodass er 2h länger in der Kita bleiben kann und ich Raum für mich sowie zum Arbeiten habe. Kürzlich informierte die Kita Leitung, dass an 2 Tagen pro Woche lediglich halbtags geöffnet sein kann. Schon Paare mit Eltern bzw. Großeltern haben Schwierigkeiten, Betreuung in derartigen Situationen zu gewährleisten. Wie sollen das Alleinerziehende ohne familiäre Unterstützung schaffen?
Was möchte ich Vorleben?
Bei all den Überlegungen geht es auch darum, was ich meinem Sohn vorleben möchte. Schließlich bin ich Vorbild und ich glaube, dass vorgelebte Taten deutlich mehr Einfluss auf ihn haben als pure Worte.
Ich möchte ihm vermitteln, dass wir alles erreichen und erschaffen können, was wir uns wünschen. Die Eigenverantwortung und Schöpferkraft sind dabei essenziell. Wir dürfen zu jeder Zeit stolz auf uns sein und uns feiern, weil wir immer unser Bestes geben.
Ich habe Existenzängste
Ja, ich habe sie, In meinem Leben kamen die Lösungen immer zu mir, wenn es an der Zeit war. Und darauf vertraue ich auch jetzt. Auf die natürliche Fügung und die Zeichen, die wir sehen dürfen.
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