Introduction

Servus Leihoma Ingrid

Servus Leihoma Ingrid

Als Alleinerziehende mit kleinem Baby wurde ich in den ersten Monaten nach der Geburt von Ingrid unterstützt. Ich bin auf der einen Seite sehr dankbar für diese Hilfe und auf der anderen Seite auch froh, dass es vorbei ist. Nach ca. 3 Monaten hieß es: „Servus Leihoma Ingrid.“

Was ist eine Leihoma?

Es gibt diverse Agenturen, Vereine und Institutionen, die einen Leihoma-Service anbieten. Eine Leihoma ist eine hilfreiche Alternative, wenn Großeltern nicht zur Verfügung stehen oder z.B. zu weit weg wohnen. Es handelt sich dabei um Senioren, die häufig schon in Rente sind. Das Amt führen sie primär ehrenamtlich aus und haben so Kontakt zu Kindern und Abwechslung in ihrem Alltag. Die Familien zahlen für den Service pro Stunde.

Wie oft kommt eine Leihoma?

Das ist sicherlich je nach Bedarf unterschiedlich. Bei mir kam sie in den ersten Wochen 1x wöchentlich für max. 3h zu uns nach Hause. Später hat sie mich dann bei Physiotherapie Terminen vor Ort unterstützt. Generell ist das Angebot für die akute Belastung in den ersten Monaten nach der Geburt ausgelegt.

Wie schaut Unterstützung aus?

Meine Leihoma hat mir meine erste Dusche ohne schreiendes Baby vor der Badewanne ermöglicht. Das werde ich nie vergessen. Wenige Wochen nach der Geburt konnte ich als Alleinerziehende bis dahin nur 1x wöchentlich duschen. Dafür bin ich sehr dankbar.

Während ich bei der Physiotherapie war, ist sie Im Innenhof bei der Praxis mit dem Kleinen Spazieren gefahren oder hat ihn besungen. So konnte ich die Termine problemlos wahrnehmen und hatte ein gutes Gefühl dabei, schnell reagieren zu können, sofern der Kleine nach mir verlangt.

Der administrative Part (Anmeldung beim Standesamt, Antrag Kindergeld, Antrag Elterngeld etc.) stellt in den ersten Wochen nach der Geburt geballten Aufwand da. Für mich hat es sich angefühlt wie ein Berg Arbeit, den ich allein nicht abtragen konnte. Auch hier war die Unterstützung sehr hilfreich.

So hilfreich es war – es hat mich auch Kraft gekostet

Ingrid kam häufig zur Wohnungstür und hat erstmal gemeckert. Über den vollen Bus, das Wetter oder die steigenden Preise. Das hat unsere Energie nicht grad gesteigert. Mein Kleiner hat sie dann auch nicht angelacht, sondern eher das Gesicht verzogen. Er spürt die Energien besonders.

Während der 3h bei mir zu Hause hat sie schon auf den Kleinen geschaut. Währenddessen hat sie mir aber viel aus ihrem Leben erzählt (ungefragt). Für mich fühlte es sich so an, als würde ich noch Ballast dazu bekommen. Natürlich verstehe ich, dass Rentner auch eine Ansprache brauchen, die im Alltag oft fehlt. Dennoch war ich nach den Besuchen sehr müde. Meine TO-Dos abzuarbeiten, möglichst viel vom Haushalt schaffen, gleichzeitig ihr zuhören und zwischendurch den Kleinen immer wieder stillen/beruhigen war herausfordernd.

Ich sprach darüber mit der Koordinatorin des Vereins und hatte ihr volles Verständnis. Sie schlug vor, dass ich mich aus der Wohnung entferne und wirklich Zeit mit mir genieße und auftanke. Somit also weniger „erledigen“ und mehr entspannen.

Beim nächsten Treffen schlug ich genau das vor. Wir gingen gemeinsam mit dem Kinderwagen spazieren und ich versuchte, den Kleinen zum Schlafen zu bewegen. Als dies nach 40 Min. endlich gelang, ließ ich die beiden zurück. Ingrid konnte jetzt einfach spazieren und er würde sicher 30 Min. schlafen.

Ich ging in das nächste Café und freute mich auf einen Espresso mit mir ganz allein in der Sonne.

Es dauerte keine 10 Minuten und Ingrid stand mit einem schreienden Baby vor mir. Sie hatte sich auf eine Bank gesetzt und war nicht in Bewegung geblieben. Somit ist der Kleine wach geworden und meine Geduld wurde stark ausgereizt.

Generationenkonflikte

Ingrid signalisierte mir häufiger, dass früher die Dinge anders gelaufen sind. Ohnehin sind wir sehr unterschiedlich. Sie war Justizbeamtin in Führungsrolle und ich hatte meine Konzernkarriere gekündigt und bin somit ein Stück weit raus aus dem System.

Immer wieder wurde deutlich, dass meine Erziehung deutlich bedürfnisorientierter ist, als dass Sie damals ihren Sohn erzogen hat. Prinzipiell nicht verwunderlich, denn vor 30-40 Jahren herrschte insgesamt ein anderer Erziehungsstil. Trotzdem hat es mir nicht gefallen, wie wenig sie flexibel schien. Dieses „einfach mal schreien lassen“ oder „geduldig begleiten“ waren z.B. Themen, zu denen wir unterschiedlich eingestellt sind. Da konnten wir uns nicht annähern. Zudem erhielt ich immer wieder ungebetene Ratschläge, die mich eher stressten und aufregten als hilfreich waren.

Servus Leihoma Ingrid

Nach ca. 3 Monaten haben wir uns getrennt und es hieß: Servus Leihoma Ingrid. Mein Kleiner hatte eines Tages direkt geweint, als sie die Tür reinkam. Das hat sie persönlich genommen. An dieser Stelle möchte ich gar nicht wiederholen, was sie dann sagte. Es wurde deutlich, dass sie überfordert war, mit einem aktiveren Kind. Er war nun nicht mehr ein Neugeborenes, dass besungen und geschaukelt werden wollte. Jetzt brauchte er Bewegung und wollte seine Neugier ausleben. Ingrid konnte aus diversen Gründen seine Bedürfnisse nicht stillen.

In einem Café gab es ein Abschiedstreffen und wir tauschten kleine Geschenke. Wir bekamen einen Playmobil Polizisten (wie passend) und Weihnachtsplätzchen und sie Blümchen. Bei einem oberflächlichen Gespräch beendeten wir das Kapitel so wertschätzend wie möglich.

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