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Endspurt

Endspurt

Da war sie nun, die 40. Schwangerschaftswoche. Der Endspurt. Ich hatte es fast geschafft.

Bis zum letzten Monat …

Seit Anfang der Schwangerschaft befürchtete ich, dass etwas schiefgehen könnte. Aber das erste Trimester ging vorüber, die berühmten ersten zwölf Wochen. Das Organscreening war genauso unauffällig, wie der nichtinvasive Pränataltest. Ein wundervoll durchschnittliches Baby wuchs da heran. Mit kleiner Erleichterung schaffte ich es ereignislos in die 24. Woche, ab der das Baby allgemein als überlebensfähig gilt. Ich schaffte es in die 34. Woche, jetzt wäre eine Frühgeburt nicht mehr ganz so schlimm, und die Lunge sollte reif genug sein. Und dann in die 37. Woche – jetzt wäre das Baby offiziell kein Frühchen mehr.

… und danach

Statistisch gesehen überschreiten Erstgebärende häufiger den errechneten Geburtstermin. Auch das war mir klar. Bei der Kontrolluntersuchung Mitte der 40. Woche tat sich noch nicht viel. Ein bisschen fürchtete ich mich vor der Möglichkeit zu übertragen und eingeleitet zu werden. Irgendwie war mir eine Einleitung suspekter als ein Kaiserschnitt. Gleichzeitig war ein Wunschkaiserschnitt bei Übertragung – als Alternative zur Einleitung – laut Klinik nicht möglich, weshalb ich mit der Annäherung an den errechneten Geburtstermin doch immer nervöser wurde.

Ich wusste, der Pessimismus, die Furcht und die Paranoia waren unbegründet. Alles war immer wieder unauffällig, doch es fiel mir extrem schwer, das auch immer zu glauben. Es war bloß dieses Gefühl, dass das alles zu gut lief, dass irgendwas noch passieren müsse. Ich hatte es doch verdient mit meinem schlechten Karma.

Schlechte Laune

Georg hatte bereits zwei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin Urlaub genommen, für den Fall, dass das Baby früher kommt, oder ich auch einfach nur Hilfe bräuchte; denn das Leben mit der Kugel wurde von Tag zu Tag anstrengender. Und ich von Tag zu Tag genervter. Gar nicht so sehr von der Schwangerschaft selber, eher vom Leben allgemein.

Ich versuchte natürlich, so positiv, gut gelaunt und nett zu sein, wie irgendwie möglich. Da es mir aber an Energie fehlte, warnte ich meine Freunde vor, dass ich eventuell etwas weniger erreichbar sein würde. Es kam mir besser vor, mich zurückzuziehen, als meine schlechte Laune an anderen auszulassen. Ich bin zwar schwanger, aber kein Arsch.

photo by heather mount via unsplash

Auf ’nen Sprung ins Restaurant

Am Tag vor dem errechneten Entbindungstermin machten wir einen langen Nachmittagsspaziergang. Es dauerte ewig, bis wir im Restaurant ankamen. Irgendwann zwischen Mittag- und Abendessen, gegen 16 Uhr, saßen wir endlich beim Mexikaner. Dank der Uhrzeit waren wir die einzigen Gäste.

Der Blick auf die kreative Cocktail-Karte half meiner Laune nicht gerade. So viele Margherita-Versionen, die ich stecken lassen musste. So viele verschiedene Tequila-Sorten, die ich noch lange, lange nicht probieren können würde. Ja, es gibt viele tolle alkoholfreie Cocktails. Doch ich liebe den Geschmack von Schnaps und Alkohol, und dieser Teil fehlte mir, angekurbelt von meiner allgemeinen Miesepetrigkeit.

Zugegebenermaßen war der Melonen-Eistee verdammt lecker. Ich musste trotzdem an die Zeiten denken, an denen ich in solchen Restaurants lange, laute Freitagabende verbrachte. Ich vermisste sie nicht, doch der Gedanke, dass diese Zeiten unwiederbringlich vorbei waren, nervte gerade. Alles nervte gerade. Aber ja, die scharfen Tacos waren gerade ein guter Trost. Mein kleiner Magen war sichtlich überfordert mit der Portionsgröße und den Jalapeños, ich konnte buchstäblich etwas in mir ploppen hören.

Nach dem Essen ging ich mich frisch machen. Doch beim Versuch, aufzustehen, schoss es aus mir heraus. Ich setzte mich sofort wieder.

photo by kenny eliason via unsplash

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