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Ganze vier Kilo

Ganze vier Kilo

Gelüste hin oder her, zwischen meinem ersten und letzten Vorsorgetermin nahm ich insgesamt ganze vier Kilo zu. Woher das Fett kam, das ich da verbrannt habe, weiß ich nicht. Denn allein das Baby, das Fruchtwasser, das Mehr an Blut und Gebärmutter wiegen ja schon mehr als vier Kilo.

Als kleine, zierliche Person mit einem BMI im unteren Normalgewicht hatte ich wenig Extra zum Verbrennen. Aber dem Baby ging es gut, und ich hielt mich auf den Beinen. Das reichte, um keine Hyperemesis zu diagnostizieren. Um einen guten, tüchtigen Eindruck beim Arbeitgeber zu hinterlassen, wollte ich mich auch nicht krankschreiben lassen.

Ehrlicherweise sah ich den Großteil der Zeit nicht mal schwanger aus. Als ich in der 34. Woche bei einer anderen Gynäkologin war, dachte sie, ich sei zur Krebsvorsorge da, nicht zur Schwangerschaftskontrolle. Ob von Kollegen oder anderen Schwangeren, Bewunderung und Neid schwangen in Kommentaren mit. Von außen sah ich aus wie eine top fitte Schwangere, kein Kilo zu viel, keine Dehnungsstreifen. Dabei hätte ich gerne ein paar Kilo mehr zugelegt. Denn natürlich machte ich mir Sorgen, was los war, und wie das Baby wächst.

photo by joey thompson via unsplash

Dem Baby geht es gut

Einerseits kann man aus der eigenen Gewichtszunahme nicht auf die des Fötus schließen. Andererseits ist eine Gewichtszunahme von etwa 11-16 Kilo bei Normalgewichtigen die gesunde Norm, die ich sehr stark unterschritt. Doch meine Kleine wurde regelmäßig im Normalbereich gemessen. Keine Wachstumsretardierung, keine Fehlbildungen, nichts, das auf Probleme hindeutete. Ich fühlte mich schon früh kraftlos und schlapp, behielt kaum Essen bei mir. Doch da es dem Fötus gut ging, ging es auch mir gut, und es bedarf keiner Hilfe.

Immer wieder fühlte ich mich mehr wie ein Inkubator, als wie ein Individuum. Mein Blutdruck lag unter 90/60, mir wurde oft schwindelig. Doch dem Baby ging es gut, also war alles ok. Mir wurde von allem schlecht, ich erbrach morgens nach dem Aufstehen genauso wie tagsüber und abends. Doch das Baby wächst prächtig, also alles gut. Meine Schwangerschaftsrhinitis hielt sich die ganzen neun Monate und ließ mich kaum Atmen. Aber auf der 27. Perzentile wächst die Kleine gut, und der Muttermund ist geschlossen. Vor Rücken- und Beinschmerzen konnte ich schlecht schlafen. Ja, Rückenschmerzen sind häufig, hörte ich von der Gynäkologin.

Erleichternd und belastend

Ganz klar: Meinem Baby geht es gut, und das bringt mir eine riesengroße Erleichterung. Selbst wenn ich mich meistens fühle wie kurz vorm Abknicken, beruhigt der Gedanke, dass eigentlich alles OK ist. Auch wenn es sich nicht so anfühlt. Neun Monate, in denen mein Körper für den Körper eines anderen den Preis zahlt. Ja, es ist es wert. Aber das heißt nicht, dass es einfach oder durchgehend angenehm ist. Im Grunde gibt man seine körperliche Autonomie ein Stück weit auf.

So eine einzigartige Zeit kann eben beides gleichzeitig sein: wunderschön und ultrascheiße. Es war toll, unsere Kleine im Bauch kennenzulernen, sie treten zu fühlen, ihre Bewegungen zu spüren. Einen Rhythmus finden zu wollen, mit ihr zu reden. Aber diese Bindungserfahrungen machen die Zeit der Schwangerschaft nicht weniger körperlich belastend. Auslaugend wäre das Wort, mit der ich die Zeit am ehesten zusammenfassen würde. Oder auch nur „zum Kotzen“. Denn das hielt die ganze Schwangerschaft über an – bis in den Kreißsaal.

photo by i yunmai via unsplash

 

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