“Man kann nicht auf allen Hochzeiten tanzen.” Auch wenn ich nicht tanzen konnte: Ich war dabei! Und was für eine phantastische Hochzeit es war.
Letztes Wochenende hat eine meiner besten Freundinnen geheiratet und ich dürfte eine der Brautjungfern (auch wenn ganz offensichtlich nicht jungfräulich…) sein. Einziges Problem an der Sache: Meine Freundin zog vor 22 Jahren mit ihrer Familie nach London. Dementsprechend war auch die Hochzeit nicht hier ums Ecke sondern: in London.
(Wie das Reiseabenteuer losging, habe ich euch ja schon letzte Woche erzählt)
Trotz spontanem Organisationsstress und langer, teurer Zugfahrt kam ich am Freitag Nachmittag noch rechtzeitig zum High Tea mit den Mädels an. Und so britisch, wie der Einstieg ins Wochenende war, so britisch ging es auch am Samstag weiter. Die Hochzeit fand auf Hedsor House, einem Herrenhaus nicht weit vom Haus der Brautleute entfernt, statt – nicht so pompös und schick wie “Downton Abbey”, aber eingebettet in goldenen Herbstwald und thronend über einem breiten Flusstal mindestens genauso beeindruckend.
Während die Jungs schon fleißig aufbauen, und Kisten und Blumen schleppen durften, bekamen wir Mädels um 8 Uhr morgen Besuch von der Haarstilistin, die obligatorische Tasse “Englisch Breakfast Tea” in der Hand. Überhaupt tranken wir an den morgen mehr Tee als irgendetwas anderes. Bei der Abfahrt im München (sprich gg. 4 Uhr morgens) hatte ich mich noch geärgert, dass ich vergessen hatte, alkoholfreien Sekt einzupacken, weil ich vom Jungesellinnenabschied schon wusste, dass der sich in England wohl nicht so leicht auftreiben lässt. Aber der Ärger war umsonst gewesen. Lediglich eine Flasche ging im Laufe des morgens weg und ich stieß fröhlich mit meinem Eistee mit an.
Alle waren unheimlich entspannt, selbst die Brautmutter beruhigte sich, sobald sie fertig gestylt war und “Fascinator” und Handschuhe übergestriffen hatte. Und dann folgte ein Hach-Moment dem anderen:
ein wunderschönes Kleid – klassisch mit Spitze aber doch modern und fließend;
eine unendlich strahlende Braut, deren Freude so ansteckend war, dass wir uns alle sicher waren, wir würden in der Kirche Tränenseen vergießen;
perfekte Blumensträuße von er Tante;
Brautjungfern, die mit ihren Kleidern glücklich waren;
der Blick aus dem Fenster, wenn der Wind die Blättern von den Bäumen stob…
Und spätestens, als dann er Brautvater mit ihr die herrschaftliche Haupttreppe hinabstieg, waren alle Gesichter von einem Strahlen erfüllt, dass die Sonne hätte Verschwinden können, und es wäre trotzdem noch hell gewesen.
Kurzum, alles war einfach wundervoll.
Mein einziger, großer Wermutstropfen: Die Musik am Abend was so gut, hat mich so in den Füßen gekitzelt, dass es mir unendlich schwerfiel, nicht zu tanzen. Aber immer wenn ich mich doch für ein Liedchen auf die Tanzfläche wagte, meldete sich der Bauch: Nicht so hüpfen! Als mich nach gefühlt 20 Gläsern Leitungswasser dann auch noch die Stimme verließ, verabschiedete ich mich von den Feiernden – immerhin erst 23:40 Uhr, also sich das Publikum ohnehin schon gelichtet hatte.
Die Zugfahrt am nächsten Tag zog sich dann noch einmal in die Länge wie ein Kaugummi. Um 10 Uhr morgens verließen wir Hedsor House, um Mitternacht fiel ich todmüde ins Bett. Grandioser Weise hatte ich meinem Mann einiges von meinem Gepäck aufgedrückt (den hatte ich nämlich dazu überredet, sein Flugticket nicht verfallen zu lassen). Leider hatte sich in meine Kulturbeutel auch der Fahrradschlüssel versteckt, sodass der arme Drahtesel noch eine weitere Nacht am Münchner Hauptbahnhof ausharren musste und ich mich von einem Taxi heimchauffierten ließ.
Quelle: Bilder (c) Privat
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