Introduction

Und plötzlich ist alles anders

Und plötzlich ist alles anders

9 Monate lang dauert eine Schwangerschaft. 9 Monate lang hat man Zeit sich auf das Baby einzustellen. 9 Monate lang liest man Bücher, besucht Vorbereitungskurse, Ernährungsseminare und baut dem kleinen Mäuschen sein kuschliges Nestchen. 9 Monate lang tut man alles, um bestmöglich vorbereitet zu sein und um sich so sicher wie möglich zu fühlen. Und dann nach diesen 9 Monaten weiß man, dass man eigentlich gar nichts weiß.

Am 12. Oktober nachts ging es los und am 14. Oktober um 7:35 Uhr war es dann soweit. Ich lernte meine Tochter kennen. Plötzlich hatte ich ein kleines Würmchen auf der Brust liegen und wusste gar nicht, wie ich meine Gefühle ordnen sollte.

Die letzten beiden Nächte waren hart, für sie und für mich. Nachdem meine Wehen nur leicht und unregelmäßig einsetzten und ich daher lange auf den Moment warten musste, erfuhr ich, dass mein Mäuschen ein Sternenkucker werden wollte. Sie hatte sich aber schon zu früh mit dem Gesicht nach oben gedreht und kam mit ihrem Nasenbein nun nicht an meinem Schambein vorbei. Die Ärzte wollten ihr Zeit geben sich vielleicht nochmal zu drehen, aber als klar wurde, dass sie mit jeder Wehe gegen mein Schambein knallte, wurde sich für einen Kaiserschnitt entschieden. Als mir dies mitgeteilt wurde, schossen mir unweigerlich die Tränen vor Enttäuschung in die Augen. Ich wollte meinem Schatz so gerne helfen auf diese Welt zu kommen. Aber noch mehr wollte ich ein gesundes Baby und so ging es für mich ab in den OP.

Tom war an meiner Seite und hielt meine Hand. Dieser Moment ist so schwammig, da ich von der kräftezehrenden Nacht so fertig war und durch die Narkose auch nichts mehr spürte. Plötzlich sagte einer der OP-Schwestern: ‚Na hallo!‘ und ehrlich gesagt habe ich mich im ersten Moment im OP umgesehen, um zu sehen wer denn jetzt hier reinschneite. Da begriff ich es mit einem Schlag und kurz darauf tauchte die Schwester mit meinem Baby hinter dem Tuch auf. ‚Herzlichen Glückwunsch‘ flüsterte sie und legte sie mir auf die Brust. Da war sie. Da schauten mich diese verschlafenen Äuglein aus diesem runzligen Geschichten heraus an, während sie einen Mundwinkel leicht nach oben zog. Wenn ich das hier schreibe, fließen die Tränen in Strömen. Leider muss ich aber sagen, dass ich mir lange Vorwürfe machte, denn im OP sagte mir mein Kopf immer wieder: ‚Das ist dein Kind. Du bist glücklich.‘. Ich bewunderte ihre Schönheit, strich mitfühlend über den großen blauen Fleck auf ihrem Nasenbein und war froh, dass sie gesund war. Aber die überwältigenden Gefühlsausbrüche alla Hollywood blieben aus.

Mittlerweile habe ich viel mein meiner Mama und meiner Hebamme darüber gesprochen und verstehe, dass ich durch das lange Warten und den plötzlichen Kaiserschnitt mit meinen Gefühlen gar nicht mehr hinterher kam. Erfüllt wurde ich nämlich schließlich noch mit voller Wucht von den berüchtigten Mutterglücksgefühlen. Es war die erste Nacht im Krankenhaus, mein Schatz hatte durch den Stress bei der Geburt unglaublich viel Fruchtwasser getrunken und einige Werte waren nicht wirklich sauber, weswegen sie nicht bei mir im Zimmer, sondern an Monitoren im Schwesternzimmer schlafen musste. Ich konnte gar nicht schlafen, mein Körper tat weh und meine Gedanken gingen immer wieder die letzten Tage durch. Als die Hebamme ins Zimmer kam, um meiner Zimmernachbarin beim Stillen zu helfen, setzte ich mich im Bett auf und holte Luft, um zu fragen, wann man mir meine Tochter bringt. Heraus gebracht hab ich aber nur ‚Wann bekomm…‘ denn da waren sie plötzlich und trafen mich mit voller Wucht. Ich hatte plötzlich unglaubliche Sehnsucht nach meinem Baby und wollte sie so schnell wie möglich bei mir haben.

Und seitdem? Seitdem sind wir unzertrennlich. Mittlerweile sind wir schon zuhause und grooven uns mit Hilfe meiner Hebamme als kleine Familie ein.

Sagt also Hallo zu meiner Vanessa.

Foto: privat

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