Introduction

Meine erste Hausgeburt

Meine erste Hausgeburt

Die ersten Anzeichen

Ich hatte zunehmend das Gefühl, dass meine erste Hausgeburt bzw. überhaupt die erste Geburt eher als berechnet (ET) stattfinden wird. Ich sollte recht behalten.

Ca. 2 Wochen vor dem ET hat sich der Schleimpfropf gelöst. Das gilt als Vorbote, sagt man. Seitdem hatte ich immer wieder Krämpfe. Dass dies tatsächlich Vorwehen sein könnten, kam mir nicht in den Sinn.

Der Abend vor der Geburt

Ich hatte ich das Gefühl, ich müsse jetzt schnell alles besorgen, was mir noch fehlte für das Wochenbett und die Geburt an sich. Beide Hebammen haben mir jeweils eine Liste erstellt.

Im Supermarkt hatte ich so starke Krämpfe, dass ich mich in das Gestell der Sonderposten krallte, um sie auszuhalten. Dass ich da schon Wehen veratmet habe, kam mir auch nicht in den Sinn.

  • 23.00 Uhr – Ich gehe ins Bett. Konnte aber nicht liegen und hatte das Bedürfnis zu Baden aufgrund von Krämpfen
  • 23.30 Uhr –  Ich gehe Baden. Mir war bekannt, dass die Geburt noch nicht losgehen wird, wenn die Krämpfe in der Badewanne wieder weniger werden. Sie wurden stärker.

Es geht los – eindeutig Wehen

  • 00.00 Uhr – Die Kontraktionen gehen los

Ich überlege kurz, ob ich eine Freundin anrufe und bitte zu kommen. Sie war auch beim Geburtsvorbereitungskurs dabei. Ich entscheide mich dagegen, da ich intuitiv spüre, dass ich allein sein mag. Somit hat auch niemand den Geburtspool aufgebaut, der seit Wochen zusammengeklappt hinter dem Sofa verstaut war. Keine spirituelle Playlist. Keine Kerzen. Einfach alles so wie immer. Ich gebe mich den Wehen hin und hänge im Vierfüßler Stand auf dem Bett, das Kissen fest in den Händen. Zwischendurch gehe ich ins Bad auf das WC, wenn der Druck zu groß wird. Das empfinde ich als angenehm.

  • 02.40 Uhr – Mir wird bewusst, dass die Wehen in sehr kurzen Abständen kommen

Dass über 2,5h vergangen waren, realisierte ich nicht. Ich rufe meine Hebamme an und sie sagte „Soll ich echt schon losfahren“? Während des Gesprächs (5 Min.) hatte ich 2 Wehen. So stark, dass ich das Handy bei Seite legen musste. Danach gab es keinen Zweifel mehr. Ich hörte „Alles klar, ich fahre los.

  • 03.35 Uhr –  Meine Hebamme trifft ein

Ich bin auf dem WC und heilfroh, sie zu sehen. Mit jeder Wehe schwinden die Kräfte und die Schmerzen sind sehr stark stechend.

Protokoll meiner Hebamme

Meine Hebamme bekommt einen Schwall auf die Hose. Sie kniet hinter mir. Der Muttermund ist vollständig geöffnet. Ich stürme zur Toilette, weil ich Druck auf dem Darm verspüre.

  • 04.01 Uhr – Hebamme tastete Köpfchen fast auf dem Beckenboden
  • 04.05 Uhr – Herztöne vom Baby bei 130 Schlägen pro Minute

Ich sitze auf dem Gebärhocker an mein Sofa gelehnt.

Seit dem Blasensprung haben die Schmerzen sich verändert. Jetzt sind sie eher dumpf statt stechend und ein wenig angenehmer.

  • 04.25 Uhr – Herztöne vom Baby bei 122-125 Schlägen pro Minute. Ich lutsche & knacke Eiswürfel und trinke O-Saft

Aufgrund des heftigen Atmens sackt mein Kreislauf ab. Ich nehme zwei High Energy Gels, die ich noch vom Karwendel Marsch-eimer Langstrecken-Wanderung daheim habe.

  • 04.38 Uhr – Vorderteil des Kopfes auf Beckenboden zu tasten
  • 04.51 Uhr – Herztöne vom Baby bei 123-128 Schlägen pro Minute. Ich atme sehr gut lt. Hebamme
  • 05.00 Uhr – Herztöne vom Baby bei 122-126 Schlägen pro Minute
  • 05.05 Uhr – Beginn der Austreibungsphase. Ich knie vor dem Sofa. Der Oberkörper liegt auf dem Sofa. Ich schiebe aktiv mit

In meinen lila Plüsch-Bademantel kralle ich mich und schreie rein bei jeder Wehe.

Endspurt – das Baby kommt

  • 05.16 Uhr – Herztöne vom Baby bei 125-128 Schlägen pro Minute. Vorderteil des Kopfes in jeder Wehe sichtbar. Ich lutsche & knacke weiterhin Eiswürfel
  • 05.29 Uhr – Herztöne vom Baby bei 125-129 Schlägen pro Minute. Köpfchen kommt langsam tiefer
  • 05.33 Uhr – Herztöne vom Baby bei 123 Schlägen pro Minute. Ich bekomme von der Hebamme 5 Globuli Coffea C 200

Coffea ist der lateinische Name der Kaffeepflanze. Der zugrunde liegende pflanzliche Wirkstoff ist Koffein und wird unter anderem bei heftigen Wehen eingesetzt.

  • 05.37 Uhr – Das Köpfchen „crowned“ und kommt heraus
  • 05.43 Uhr – Geburt eines vitalen, zarten Buben im Vierfüßler auf Sofa gestützt. Er ist rosig & schreit. Kurze Nabelschnur

Mein erster Blick geht auch Hände, Füße und Penis. Alles dran. Ich nehme ihn und lege mich auf dem Boden zurück. Ich bin glücklich, dass alles gut gegangen ist und wir es gemeinsam geschafft haben.

Nach der Geburt – glücklich und erschöpft

  • 05.45 Uhr – Großer Schwall Blut, Nabelschnur auspulsiert, Blut läuft weiter
  • 05.50 Uhr – Ich bekomme eine Oxytozin Spritze in den Bauch wegen akutem Blutschwall
  • 05.53 Uhr – Meine Hebamme ruft meine Freundin an. Sie möge bitte kommen und mich bzw. uns unterstützen
  • 05.55 Uhr – Plazenta wird geboren, Blutung steht, Uterus gut kontrahiert. Ich zittere arg – atme durch – Kreislauf bleibt stabil
  • 06.00 Uhr – Uterus gut kontrahiert, minimale Blutung
  • 06.05 Uhr – Wir „nabeln“ Baby ab und schneiden die Nabelschnur durch
  • 06.10 Uhr – Ich krabbele vom Boden aufs Sofa. Ich bestaune mein Baby. Ich habe Kontraktionen und Schüttelfrost. Meine Hebamme zieht mir Socken an
  • 06.20 Uhr – Ich trinke Tee. Baby ist rosig
  • 07.00 Uhr – Meine Freundin trifft ein

Sie bringt Käsesemmel und schwarzen Kaffee mit. Das schmeckt unglaublich lecker. Ich nehme den Geschmack sehr intensiv war. Wir stoßen mit einem Null-Promille-Getränk zu dritt an.

  • 07.30 Uhr – Meine Geburtsverletzungen (Dammriss & Scheidenriss) werden genäht

Dazu liege ich auf dem Sofa. Meine Hebamme hat meine Freundin beauftragt, Aktenordner in einen Kopfkissenbezug zu stecken, um meinen Unterkörper höher zu lagern. Unter anderem hat sie den Steuer-Ordner herausgesucht, was ich sehr lustig finde. Meine Freundin hält die Handylampe auf meinen Intimbereich, die Hebamme näht und ich habe den Kleinen im Arm. Die Schmerzen waren, verglichen mit der Geburt, kaum wahrnehmbar. Insgesamt eine skurrile Situation. Wer hätte noch vor einem Jahr an so ein intensives, gemeinsames Erlebnis gedacht.

  • 08.36 Uhr – Baby wird gemessen – 51 cm ist er groß

  • 08.38 Uhr – Baby wird gewogen – 3000 g wiegt er
  • 08.45 Uhr – Die Hebamme legt die Plazenta auf meinen Bauch und erklärt uns die Beschaffenheit

Wir sehen auf der einen Seite die nun leere Hülle, in der der Kleine war. Auf der anderen Seite die Form eines Baumes. Meine Freundin wird von ihr angeleitet und macht je einen Abdruck pro Seite auf ein Blatt.

  • 09.20 Uhr – Die Hebamme fährt wieder heim

Nur 3,5h nach der Geburt sind meine Freundin und ich allein mit dem Kleinen. Das Abenteuer beginnt.

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