Introduction

Der abwesende Vater

Der abwesende Vater

„Jetzt geht es heim zum Papa. „Diesen Satz hörten wir kürzlich auf einer Wanderung bei der Hüttenpause. Er ging mir durch Mark und Bein. Der Kleine versteht ihn zum Glück noch nicht. Aber was sage ich ihm, wenn er mal nach ihm fragt? „Der abwesende Vater will nicht bei uns sein?“

Wo ist er eigentlich? 

Er lebt in Hamburg und hat dort bereits einen getrenntlebenden Sohn. Um ihn kümmert er sich regelmäßig. Ich habe sie einige Male zusammengetroffen und er ist ein liebender, fürsorglicher Vater.

Um unser gemeinsames Kind möchte er sich nicht kümmern. Es sei ihm Zuviel, in zwei Städten zwei Kindern gerecht zu werden. Dann habe er keine Freizeit mehr. Er kenne es von Freunden, die nur im Zug säßen und sich nach den Zeitplänen der Mütter richten müssten.

Ich versicherte ihm damals, dass ich nichts von ihm verlange, dass er nicht zu geben bereit ist. Doch es blieb dabei. Er wollte sich nicht kümmern. Keine Infos zu Namen, Geburt, Geschlecht usw.

Die rechtlichen Themen haben wir größtenteils über die Beistandschaft des Jungendamts geklärt. Die Kommunikation diesbezüglich findet rein sachlich über Emails zwischen uns statt.

Zum ersten Geburtstag unseres Sohnes kam rein Garnichts. Er ignoriert ihn einfach. Das verletzt mich. Auch wenn ich mir wünschen würde, dass es mich nicht berührt.

Andere Papas

Mein Sohn liebt Menschen. Er verteilt viele Lächeln an Jung und Alt. Seitdem die Freibad Saison eröffnet ist, beobachte ich etwas Neues bei ihm. Er krabbelt plötzlich vermehrt zu anderen Papas. Er berührt ihre Brustwarzen. Ich schätze, weil er es von daheim nicht kennt, dass man sie so offen sieht. Und dann sieht die Brust bei Männern auch noch anders aus als bei Frauen.

Die Papas reagieren gelassen darauf. Ich entschuldige mich trotzdem, weil es für mich ein wenig ein Eingriff in die Privatsphäre ist. Aber die Papas scheinen das zum Glück nicht so zu sehen.

Jedes Mal, wenn er das macht, sticht mein Herz. Ich würde ihm so sehr wünschen, dass ihn auch ein Mann so liebt, wie ich es mache und für ihn da ist. Mit dem er sich ausprobieren kann. Seinen Körper entdecken, um auch den eigenen vielleicht besser zu verstehen und gemeinsam zu entdecken.

Das erste Mal

Kürzlich begegnete mir ein Ex Freund von mir wieder. Wir verabredeten uns für den Tierpark. Er ist eher der animalische Typ. Zieht sich nackt aus oder uriniert, wann und wo er will. Das würde ich persönlich nicht alles nachahmen, doch fände ich es schön, wenn mein Sohn auch diese Seite mit jemandem leben könnte. Das wilde ursprünglich männliche kennenlernen und ggfs. rauslassen.

Auf dem Rückweg zum Tierpark passierte etwas sehr Schönes. Er nahm meinen Kleinen einfach so auf seine Schultern. Somit saß er zum allerersten Mal bei jemandem auf den Schultern.

Das Bild hat mich sehr gerührt. Gleichzeitig auch traurig gemacht. Denn es ist eine Momentaufnahme und wer weiß, wann und mit wem diese wieder kommt.

Der abwesende Vater

Mein eigener Vater ist tot. Selbst wenn er leben würde, wäre er kein Teil unseres Lebens. Er wollte mich nie kennenlernen. Er hatte bei meiner Zeugung bereits eine Familie und 6 Kinder. Ich war der Unfall innerhalb der Affäre, der vertuscht werden musste. Somit bin ich ohne ihn aufgewachsen.

Mein Opa ist tot

Mein Opa ist ebenfalls tot. Ich habe viele schöne Erinnerungen an gemeinsame Unternehmungen mit ihm. Wir waren oft im Wald. Haben Kaulquappen gesammelt, Schmetterlinge angeschaut, Frösche gesehen, Pilze & Beeren gesammelt. Er hat mit mir im Garten gezeltet. Laubhaufen gebastelt, damit ich reinspringen kann. In seiner Werkstatt mit mir alles repariert. Ich durfte immer mitmachen.  An all das erinnere ich mir sehr gern. Mein Sohn scheint auch eine Affinität für Werkzeug zu haben.

Der Kleine hätte noch einen Opa. Den Vater seines Vaters. Der ist sogar KFZ-Meister. Aber der weiß nichts von ihm und ich möchte mich nicht in die Familie drängen bzw. einmischen.

Männliche Bezugsperson fehlt

Ich wünsche mir für meinen Sohn eine männliche Energie in seinem Leben. Einen Mann, mit dem er sich messen kann, Männerkram machen kann, Unfug machen kann.

Es ist gar nicht notwendig, dass sie aus der „Bluts-Familie“ stammt. Ich finde, man kann sich seine „Herzens-Familie“ durchaus nach Belieben zusammenstellen. Hauptsache die Liebe und gemeinsame Werte sind vorhandenen.

Wir kommen zu zweit gut zurecht und ich raufe auch gern mit ihm, aber letztendlich kann ich keinen Vater ersetzen. Und manche Dinge gehören für mich in die Kategorie „Männer/Jungs unter sich“.

Männliche Freunde habe ich aktuell nicht. Die meiste Zeit verbringe ich mit anderen Mamas. Es wäre schön, einen Partner an meiner Seite zu haben und eine Vaterrolle für den Kleinen.

Ich möchte auf keinen Fall, dass er sich abgelehnt fühlt. Oder weniger wert als andere. So wie es mir selbst ergangen ist. Es hinterlässt Spuren, wenn man seine Wurzeln nicht vollständig kennt. Nicht kennenlernen darf. Immer diese Sehnsucht nach dem anderen Teil von sich. Die Identität ist gestört.

Ich habe Respekt vor dem Moment…

…,wenn er registriert, dass andere einen Papa daheim haben und er nicht

…,wenn er mich fragt, warum er keinen Papa hat

Was antworte ich dann?  

Mein Schatz, ich wünsche dir…

…,dass du starke Wurzeln in den Boden fühlst

…,dass dir Flügel wachsen, wenn du sie brauchst

…,dass du dich geliebt fühlst

…,dass du glücklich bist

…,dass du dir deine Herzens-Familie bastelst

…,dass du Vertrauen in das Leben und in dich selbst spürst

Ich bin immer für dich da! Bedingungslos an deiner Seite.

2 Kommentare zu “Der abwesende Vater

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