Introduction

Die dunkle Prophezeiung

Die dunkle Prophezeiung

Was ich schon länger komisch finde, ist wie unterschiedlich die Leute eine Schwangerschaft / Familiengründung sehen. AAAABER die meisten sind trotzdem der Meinung, dass sie die einzig richtige Wahrheit darüber kennen.

Los geht es, wenn man etwa 12/13 Jahre alt ist, da darf man sich von allen Seiten anhören, dass man AUF GAR KEINEN FALL schwanger werden soll. OberGAU, dein Leben ist quasi verpfuscht und alle Emanzipation dahin, solltest du auch nur ansatzweise in Kauf nehmen, dass sich ein Spermium deinen Eizellen nähert.
Dann auf einmal bist du 28 Jahre und deine Tante fragt dich, wieso du eigentlich immer noch nicht schwanger bist. – Ja weil mir keiner gesagt hat, dass das jetzt ok wäre?!?!
Spaß beiseite, bei mir gab es dazwischen irgendwie keine Phase, die eine Grauzone dargestellt hätte. 

Dann ab dreißig ging es los, dass die Leute besorgt wurden. Wollt ihr keine Kinder? Beeilt euch, sonst seid ihr bald zu alt, dann wird’s ne Risikoschwangerschaft. Besonders schlimm waren die Fragen, als wir es versucht haben, das aber nicht sofort geklappt hat. Am Ende hätte ich jedesmal am liebsten losgeheult, weil ich schon frustriert war, wieder nicht schwanger zu sein.
Ich hab dann versucht abzuwiegeln, und dann kam immer sowas wie… „Ja, manchen ist es halt nicht so wichtig/dringend mit den Kindern.“ Oder: „Ja du willst halt lieber arbeiten grad oder?“
AAAAAAARGGHHHH.

Epischer Höhepunkt dieser Situation: meine Schwägerin, die selbst im Jahr davor mehrere Abgänge hatte, meint mich „auffliegen“ lassen zu müssen. Ich, verkatert möchte Samstag nachmittags um vier keinen Gin Tonic trinken. Das ist genug Anlass, um mit dem Finger auf mich zu zeigen und loszuschreien: „Die Lara ist bestimmt schwanger!“
Bin ich leider nicht. Im Hintergrund steht meine Schwiegermutter mit ganz großen hoffnungsvollen Augen. Ein Albtraum. Ich war so sauer, dass ich demonstrativ das Gin Tonic Glas genommen, und auf einen Zug geext habe. – Kindisch, ich weiß.

Wieso um alles in der Welt sind es am Ende auch noch die Frauen, die anderen Frauen das Leben schwer machen? Auch im Büro wurde am meisten von den Kolleginnen getratscht wer „als nächstes bestimmt schwanger ist“. Unter dem Gesichtspunkt, dass das ja einer der Gründe für meine „betriebsbedingte“ Kündigung war, besonders bitter.
Ich war vorher schon mit dem Thema vorsichtig, aber jetzt habe ich mir fest vorgenommen, keine Frau mehr darauf anzusprechen, egal wie alt/jung oder gebärfreudig sie aussieht. Man weiß nie, was für eine Geschichte dahinterstecken könnte. Außer vielleicht enge Freundinnen, die mich in ihre Pläne eh schon eingeweiht haben.

Dann, der nächste Schritt … du BIST schwanger. Dazu hat dann auch jeder eine Meinung.
Tatsächlich haben es unsere beiden Mütter, also die künftigen Omas geschafft, innerhalb der ersten Wochen meiner Schwangerschaft durchblicken zu lassen, dass es schon schade wäre, wenn es bei NUR einem Kind bliebe. WTF???? Jetzt lasst mich doch erstmal das hier überleben!
Die Reaktion der Tante war: „Ja endlich! Da haben wir jetzt aber lang drauf gewartet.“
Es gab tatsächlich auch ein paar Freunde, die wohl nicht mehr damit gerechnet hatten. Schließlich  war ich ja SCHON 32 und bin nicht bei jedem Kind, das sich mir nähert in Babysprache verfallen. – Die Chancen standen also gut, dass ich gar keine Kinder mochte. Solche Frauen soll es ja auch geben.

Dann kamen die guten Ratschläge und düsteren Prophezeiungen. Wie schreeeeecklich eine Schwangerschaft ist, und erst die Geburt!
Versteht mich nicht falsch, es ist bestimmt kein Spaziergang, aber bei manchen Leuten hat man schon den Eindruck, dass sie absichtlich etwas übertreiben. Mein Lieblingsstatement hier … von einem Mann, wohlgemerkt!
„Ja, noch gehts dir gut, aber du wirst dich schon noch umschauen! Und dann die Geburt! (Schaut traumatisiert) Meine Frau hatte Glück, dass sie nicht heute noch durch einen Schlauch sch****en muss. Der Kleine hat sie komplett zerstört.“
Jaaaa. Das war bestimmt nicht so eine schöne Erfahrung. Aber musste das jetzt so vehement und grafisch sein?

Und dann gibt es noch die andere Fraktion. Die, „Ich hab mich noch nie so wohl in meinem Körper gefühlt. Bloß blöd, dass ich in der letzten Woche vor der Geburt nicht mehr Fahrradfahren durfte – Frauen.“ Ihr seid einfach Einhörner und solltet euch dessen bewusst sein, dass es nicht jedem so geht.

Bei mir ist es irgendwas dazwischen. Ich fühle mich, als wäre ich mit einem Ziegelstein im Bauch den ganzen Tag im Schwimmbad gewesen. Es ist heiß, ich bin glücklich, aber manchmal sehr erschöpft und hungrig. Und dauernd muss ich Pipi. Und nach vier Stunden kann ich nicht mehr aufrecht sitzen.Aber sonst ist alles einfach WIE IMMER. Ein hoch auf die Graustufen zwischen Schwarz und Weißmalerei.
Ich bin kein anderer Mensch. Ich bin nicht nur ein Gefäß. Ich bin nicht moralisch besser oder schlechter als irgendjemand anderes. Und vor allem: ich habe nicht das Recht über andere zu urteilen.

P.S.: Jetzt bin ich im letzten Trimester und langsam geht es los mit neuen Sprüchen. Du wirst nie wieder Sex haben. Du wirst nie wieder schlafen. NIE WIEDER!!!!!!
Auch das mag stimmen. Aber wofür gibt es denn Omas, die ja scheinbar nicht genügend Enkel haben können?

 

Quelle: Bild © pixabay

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