Introduction

Wenn sie dich einmal anlächeln…

Lächelndes Baby, das liegt

Wenn sie dich einmal anlächeln…

Meiner Meinung nach gibt es ungefähr nichts Abgedroscheneres, wenn es um das Thema Babys geht, als diesen Satz: Aber wenn sie dich einmal anlächeln, ist alles vergessen

Bezogen natürlich auf alles, womit man sich täglich so herumschlägt, wenn man so einen Miniatur Diktator namens Baby zu Hause hat. 

Sei es, wenn es einen beim Wickeln anpinkelt (haha, zu langsam Mama!), auf die Schulter kotzt (haha, zu doll geschüttelt, Papa!), mitten in der Nacht mehrfach aufweckt (Hunger! Huuuunger!! HUNGER!!!!) oder ohne erkennbaren Grund Abends zwei Stunden am Stück weint (die neugierige Oma an der Ampel war heute wohl ein neues Gesicht zu viel. Wer hätte das vorhersehen können?). All diese Situation sind angeblich vergeben und vergessen, sobald dieses kleine Würmchen einem sein zahnloses Lächeln schenkt. Das magische Babylächeln quasi. Es neutralisiert Schlafmangel, kuriert wunde Brustwarzen und lässt einen die Anstrengungen des 24/7 Jobs umgehend vergessen.

Was für ein Klischee, oder? 

Nicht selten habe ich genau diesen Satz mit ironischem Unterton und Augenrollen platziert, ob der offenbaren Verklärung und rosaroten Brille, die Neu-Eltern bzgl. ihrer kleinen Krachmacher an den Tag legten. Lügt euch nur weiter in die Tasche, dachte sich die kinderlose Mary damals. Was für ein Haufen Bull***t.

Als ich dann Mutter wurde, lernte ich, dass es noch viele weitere (vermeintliche) Plattitüden gibt, mit denen man am laufenden Band als Eltern beglückt wird. 

Dazu gehören z.B. sie werden ja so schnell groß; genieß die Zeit, solange sie so klein sind; das ist nur eine Phase (“das“ lässt sich dabei wahlweise mit Schreiphasen, Clusterfeeding, viel Schlaf, wenig Schlaf, Zahnen, etc. ersetzen – zu deutsch: es ist immer irgendeine Phase 😄) oder auch wenn das Baby schreit, ist es gesund (im Gegensatz zu apathisch = ernsthaft krank). 

Ich bin mir sicher, ihr Mamas und Papas da draußen habt noch ein paar weitere „brandneue“ Weisheiten auf Lager… 🙂

Alles irgendwie wenig hilfreich, aber dennoch tatsächlich nicht weniger wahr. 

Auch wenn Babys zum Leidwesen vieler Eltern nicht mit einer Gebrauchsanweisung kommen, machen sie doch alle mehr oder weniger die gleichen Entwicklungsprünge durch. Angefangen beim sich rasant ändernden Schlafverhalten (Anfangs ständig, überall und bei jedem Geräusch, sie könnten auf einem Stein am Times Square liegen. Nach ein paar Wochen nur bei Mama/Papa im Arm, wenn im Hintergrund wahlweise der Staubsauger, Fön oder die Waschmaschine läuft. Und wehe der Paketbote klingelt!), über die Schreiphasen (ja, nicht erklärbares Schreien nimmt bis zur sechsten Woche zu und dann im Regelfall auch schnell wieder ab), bis zu den ersten Lauten (agurrr, agurr). Same same, but different. Abgedroschene Phrasen sind bei genauerer Betrachtung also vielleicht doch gar nicht so nichtssagend, wie man meinen mag. Was sie beim 38. mal hören natürlich trotzdem nicht spannender macht.

Zurück zum Babylächeln

Ich gebe es ungerne zu, aber damit verhält es sich genauso. Es ist tatsächlich magisch.
Auch ich alte Zynikerin bin in der rosaroten Zuckerwatte-Welt angekommen. Wenn mein kleiner Sonnenschein mich morgens um sechs Uhr anlächelt, weil sie nichts von Schlafen bis es hell wird hält und es ihr piepegal ist, dass ihre Mama morgens mal gut zehn Minuten braucht, bis sie überhaupt einen geraden Satz formulieren kann. Ganz ehrlich, dann ist tatsächlich alles andere vergessen, weil es nichts Herzerwärmenderes gibt, als dieses (noch) zahnlose Lächeln.

Und wenn sie einen dann erstmal anlächeln, dann lächeln wir zurück.


Photo by Daniel Thomas on
Unsplash

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