Introduction

Toxische Body Positivity

Toxische Body Positivity

Letzte Woche war ich mit einer Freundin spazieren, die ebenfalls eine junge Mama ist. Sie erzählte mir von ihrem Rückbildungskurs. Im ersten Termin sollten sich zunächst alle Teilnehmerinnen vorstellen und ihre Erwartungen an den Kurs teilen. 

Meine Freundin erzählte, dass sie sich darauf freut, mit dem Kurs einen ersten Schritt wieder zurück zu ihrem alten Körper zu gehen. Sie wünscht sich, alles wieder etwas zu straffen. Ein nachvollziehbarer Wunsch, wie ich finde. 

Die Antwort der Hebamme: „Ja also das ist hier gar nicht der Sinn des Kurses. Und überhaupt, ihr werdet nie wieder so aussehen wie vorher und das müsst ihr doch auch gar nicht. Ihr seid jetzt Mamas…blablabla.“ Sicher hat es die Hebamme nur gut gemeint und möchte nicht, dass sich irgendjemand unter Druck setzt. Aber 

  1. ist ihre Aussage definitiv falsch. Ich kenne sehr wohl viele Mamas, die auch nach  mehreren Geburten wieder aussahen wie vorher, manche sogar noch schlanker und sportlicher als zuvor. Und auf jeden Fall straff.
  2. Ist es doch ein vollkommen legitimer Wunsch, seinen Körper wieder in den Originalzustand zu versetzen, nachdem man ihn sich 9 Monate mit seinem Baby geteilt hat. 
  3. Ist ihr Aussage einfach vollkommen demotivierend. So lieb sie auch gemeint ist. 

Die Hebamme hat das Thema Body Positivity sicher absolut verinnerlicht, aber aus den Augen verloren, dass nicht jede Mama gleich fühlt, gleich aussieht oder so aussehen möchte. 

Die Missgunst der Mamas

In diesem Zusammenhang muss ich auch immer wieder an Herzogin Kate denken. Weniger Stunden nach der Geburt ihres zweiten oder dritten Kindes posierte sie, hübsch zurecht gemacht, mit nur noch kleinem Bäuchlein vor der Klinik für Fotografen. Leider wurde das Internet daraufhin mit einer regelrechten Flut an Spott und Missgunst überrollt. Herzogin Kates Verbrechen: Sie sah zu gut aus für eine frisch gebackene Mama. Wie kann sie nur?! 

Mütter posteten daraufhin wütend und sarkastisch Bilder, wie sie – „echte Frauen“ – wenige Stunden nach der Geburt aussahen. Mit zerzausten Haaren, ungeduscht, erschöpft und verquollen. 

Sind wir mal realistisch: Kate ist Herzogin! Sie hat sicher ein Team von Stylisten, die dafür gesorgt haben, dass sie so dermaßen blendend aussah. Die Briten lieben nun mal ihre Königsfamilie und möchten natürlich sehen, dass es ihr gut geht. Verquollen und in Jogginghose ist da halt nicht angebracht. Und trotzdem trägt sie unter dem Designerkleid sicher die gleiche hässliche Netzunterhose und Riesenbinde, wie wir alle, bzw. die selbsternannten „echten Frauen“ aus dem Internet. 

Aber anstelle sich für Kate zu freuen, dass sie so fit und gut durch die Geburt gekommen ist, wurde sie dafür kritisiert, zu gut auszusehen. Zudem wurde ihr vorgeworfen, damit den Druck auf Mütter zu erhöhen, ebenfalls direkt nach der Geburt so auszusehen.

Als Mutter kannst du es halt einfach niemandem recht machen. Und mal ehrlich, wer sich vom Aussehen einer Herzogin (!) unter Druck gesetzt fühlt, hat echt andere Probleme… 

Body Positivity

Photo by Janosch Lino on Unsplash

Zwanghafte Body Positivity

Überall auf Instagram und im restlichen Internet liest man von Body Positivity. An sich finde ich diesen Trend auch absolut toll. Es ist doch wunderbar, wenn Menschen das Selbstbewusstsein finden, ihren Körper mit allen augenscheinlichen Unvollkommenheiten zu akzeptieren und zu lieben. 

Mich stört aber doch sehr der erhobene Zeigefinger, der in diesen Posts oft mitschwingt. „Ich liebe meinen schwabbeligen Bauch und du solltest das auch!“

Nein, sollte ich nicht! Es ist mein gutes Recht, meinen Bauch nach der Schwangerschaft hässlich zu finden und so lang zu trainieren, bis er mir wieder gefällt. Nur weil das für MICH (und meine Freundin vom Anfang des Artikels) der richtige Weg ist, setzen wir doch damit andere Mütter nicht unter Druck. Und erst recht macht es uns nicht weniger zu einer „echten Mama“. Allein dieser Begriff. 

Schwabbelbauch hin oder her, zufrieden oder unzufrieden im eigenen Körper. Jeden Tag als Mama top gestylt oder Jogginghose als Alltagslook. Es darf doch wohl jede Mama ihre Prioritäten so festlegen, wie sie möchte. Dadurch wird niemand zu einer echteren oder weniger echten Mama! 

Ich lebe meine eigene Form der Body Positivity. Ich freue mich darüber, wieder fit zu sein und rolle jetzt mal die Pilatesmatte aus. Mein Bauchmuskeltraining steht an. 

Body Positivity

Photo by Tammy Gann on Unsplash

Titelbild: Photo by Lucrezia Carnelos on Unsplash

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