Introduction

Teil 2: mehr von Arbeitsfeiern, After Work und dem Gläschen Sekt

Teil 2: mehr von Arbeitsfeiern, After Work und dem Gläschen Sekt

Jetzt mal im Ernst, warum muss ich mich eigentlich dafür rechtfertigen, dass ich am Arbeitsplatz um 10 Uhr morgens kein Rauschmittel konsumieren möchte? Egal in was für Mengen, wenn ich danach noch sieben Stunden hoch konzentriert und penibel genau mikroskopisch kleine Volumina pipettieren muss?

Kein Eierlikör, kein Glühwein – und keine Paranoia

Ich erklärte also, in möglichst netten Worten, dass ich wirklich nicht am Arbeitsplatz trinke. Weil ich generell selten trinke. Und weil ich nicht die Sorge haben will, dass ich einen Fehler mache, auch wenn das natürlich paranoid und übervorsichtig sei. Das war auch nicht gelogen. Es muss ja keiner wissen, dass ich unter Umständen den Rest des Tages nur noch ans Trinken denken werde. Oder dass mein Sympathikus und Parasympathikus sich so bekriegen könnten, dass meine Schweißdrüsen einen epileptischen Schlaganfall bekommen.

Zu den jüngeren Kollegen machte ich noch, möglichst leicht und lachend, den Witz, ich hätte in meiner Jugend mehr als genug für zwei Leben getrunken. Der eigentliche Witz an der Sache ist wohl, dass es eher genug für zehn Leben war.

Selbstschutz und 4D Schach

Auch beim Glühweintrinken in der Vorweihnachtszeit blieb ich von vornherein standhaft. Es war eine Mischung aus Selbstschutz und vorausschauendem Imageaufbau. Ich wollte wirklich nicht wieder trinken. Es war genug. Auch nicht, um normal zu wirken – denn als strikte Alkoholverweigerin war ich immer noch in der absoluten Minderheit.

photo by sephelonor via pixabay

Zum anderen hatte ich ja tatsächlich die Hoffnung, im Laufe der Zeit schwanger zu werden. Wenn ich von Anfang an nicht mittrinke, muss ich mir später keine Ausreden überlegen, warum ich jetzt auf einmal das Gläschen Sekt abschlage. Eigentlich ein sehr simpler Plan. Doch ich kam mir genial vor. Als würde ich fünf Schritte im mehrdimensionalen Schach vorausdenken.

Alkohol steht nicht nur auf der Laborbank

Eigentlich ist es wirklich krass, dass Alkohol am Arbeitsplatz gar keine so große Seltenheit ist. Ich erinnere mich daran, wie mein Mann einmal zum After Work Bier im Büro blieb, auf Drängen seiner Kollegen. In der offenen Mitarbeiterküche steht ein großer Kühlschrank, stets mit Bier, Wein, Sekt und Aperol gefüllt. Auf Firmenkosten versteht sich. Der Kaffee hingegen wird aus einer gemeinsamen Kasse bezahlt. Ein Zettel am Kühlschrank betont, dass Essen in dem Kühlschrank nichts verloren hat.

Nach meinem Feierabend gesellte ich mich dazu. Zu dem Zeitpunkt war der Großteil der Leute gut angeheitert, so mancher richtig betrunken. Da wurde der eine Gründer von einem Kollegen mit großem Pathos als Visionär gepriesen. Eine andere Kollegin fand mich in ihrem Rausch so super, dass sie sich den ganzen Abend an mich klammerte – auch wortwörtlich, um nicht umzufallen. Ich habe nur etwa 30 % von dem verstanden, was sie auszudrücken versuchte. Allerdings glaube ich, dass sie mir streng genommen immer noch einen Job bei ihrer Schwester, der Meeresbiologin, schuldig ist. Wie sie mit dem Fahrrad nach Hause gefahren ist, ist mir bis heute ein Rätsel. (Georg versichert mir, dass sie heil und gesund am nächsten Meeting teilnahm.)

Es geht auch ohne und das ist ok so

Ganz ehrlich: Sowas kann auch schon mal lustig sein. Ich verstehe es ja. Es ist ja auch schön, wenn man mit Kollegen auch gerne mal am Feierabend quatscht. Nur fühlt man sich schnell als Außenseiter, wenn man als einziger mit einem Wasser dasteht. Und man setzt sich nicht so schnell zu einer Runde dazu, wenn dort alle nur Bier trinken. Wenn man gar neu ist und gut ankommen will bei seinen neuen Kollegen, da ist der Trinkdrang – auch angekurbelt von der eigenen Nervosität – dann schnell mal größer als jeder gute Vorsatz. Erst recht, wenn man auch noch auf den Verzicht angesprochen wird.

Dabei sollte ich mich nicht erklären müssen. Auch Georg, der sehr selten trinkt, sollte sich nicht erklären müssen. Ob After Work Bier oder ein Glas Sekt zur Verabschiedung eines Kollegen: Lasst die Schwangerenwitze. Lasst die Seitenkommentare. Lasst es – egal ob Mann oder Frau – jemanden zum Trinken animieren zu wollen oder die Motivation zu hinterfragen. Es gibt viele gute Gründe abseits von Schwangerschaft, Abhängigkeit, Religion, Fahrtüchtigkeit und Vorerkrankungen, keinen Alkohol zu trinken, wenig zu trinken, oder nicht in einer speziellen Runde zu trinken. Es ist ok. Und voll normal. Bitte lasst es einfach normal sein, Alkohol abzulehnen und ohne zu feiern. Ohne besonderen Grund.

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