Freunden und Familie von einer Schwangerschaft zu erzählen, ist meistens ein spannendes, fröhliches Unterfangen. Ob man dasselbe über die Mitteilung der Schwangerschaft an den Arbeitgeber sagen kann oder undercover schwanger bleibt, hängt stark von der persönlichen Arbeitssituation ab.
So sehr ich mich auch darauf konzentrieren und darauf freuen wollte, es meinen Liebsten zu sagen: Die Sache mit dem Arbeitgeber war gerade akuter.
Recap: Mutterschutz
Der Mutterschutz tritt bekanntlich erst in Kraft, wenn der Arbeitgeber von der Schwangerschaft informiert ist. Wer im 2. Monat gekündigt wird, aber erst sechs Wochen später die bekannte Schwangerschaft mitteilt und dann die Kündigung anfechtet, hat das Recht nicht wirklich auf seiner Seite. Wer Schutz und Fürsorge will, muss diese auch einfordern, und das nun mal durch die Bekanntgabe der Schwangerschaft. Verständlicherweise ist es hier umso eher eine mehrdimensionale Gratwanderung zwischen Abgangsrisiko, Optimismus, Vertrauensverhältnis und enttäuschenderweise immer noch viel Diskriminierung.
Diskriminierung – immer noch kein Kind von gestern
Wer wegen Schwangerschaft nachweislich diskriminiert wird, kann klagen. Praktisch gesehen ist es oft gar nicht so einfach, etwas nachzuweisen. Dazu kommt, dass vielen Betroffenen der Mut oder auch schlicht die nötigen Kenntnisse fehlen, um vor das Arbeitsgericht zu ziehen. Bedauerlicherweise ist man auch hier, wie mit einem Abgang oder einer Fehlgeburt, nicht allein, sondern in großer Gesellschaft. Etwa drei von vier Frauen erleben in ihrer Schwangerschaft mindestens eine Situation, in der sie sich herabgewürdigt oder benachteiligt fühlen.
Es kann also – leider – immer noch Sinn machen, oder sich zumindest sinnvoll anfühlen, den Chef nicht so schnell vom wachsenden Krümel im Bauch zu informieren.
Ganz ehrlich: Ich hätte das auch gerne so gemacht. So lange gewartet, wie möglich, um möglichst sicher zu sein, dass es sich wirklich um eine klinische und keine biochemische Schwangerschaft handelt, dass wirklich ein Herzschlag detektierbar ist, dass auch frühe Screenings gut aussehen. Und ja, auch, weil Alkohol das Risiko eines frühen Spontanaborts erhöht, und der Gedanke an meinen Alkoholkonsum in der 4. und 5. Woche mich heimsuchte.
Schwanger in der Probezeit …
Dazu kam, dass ich erst vor wenigen Wochen einen neuen Job angefangen hatte, und damit in der Probezeit war. Kündigungsschutz hin oder her: Bei der Vorstellung, wie die Stimmung im Team und bei meinen Vorgesetzten nach einer solchen Offenbarung aussehen würde, drehten sich meine Eingeweide zu Kokoreç auf.
Immer wieder musste ich an die bloß-nicht-schwanger-Witze im Büro denken. Kaum trank jemand keinen Alkohol, oder war besonders hungrig, oder fühlte sich unwohl, oder hatte auf etwas ganz besonders Appetit – oder, oder, oder, bei jeder sich bietenden, auch noch so kleinen Gelegenheit – kamen gleich immer dieselben Kommentare unter den alteingesessenen, aber jungen Mitarbeiterinnen. Bist du schwanger? Oh nein, bloß nicht! Wir brauchen Leute, ich zahl dir die Pille, werd bloß nicht schwanger! Mich trafen diese Witze noch nicht allzu häufig, ich war ja noch „Die Neue“. Ich war noch in der Schonzeit und war noch dabei, anzukommen. Aber sie gaben mir schon vor dem positiven Schwangerschaftstest ein ungutes, verklemmtes Gefühl.
Je länger ich warten konnte, und je sicherer ich sein konnte, dass ich wirklich, wirklich schwanger war und bleiben würde, desto besser. Für mich selbst – weil ich gerne noch ein kleines bisschen länger mit meinem Mann dieses Geheimnis genossen hätte. Aber auch, ganz banal, für meine berufliche Laufbahn.
Gerne wäre ich die sichere Schiene gefahren und hätte auch die ersten drei Monate abgewartet.
… und schwanger im Labor
Allerdings gehört mein Job mit Laborarbeit und giftigen Chemikalien in die Reihe der Berufe, in denen man seinen Arbeitgeber eigentlich umgehend über eine Schwangerschaft in Kenntnis setzen sollte. Im Fokus liegt hierbei der Schutz des Ungeborenen.
Zwei Monate lang wissentlich mit giftigen, fruchtschädigenden Stoffen zu hantieren, kann man getrost als verantwortungslos und keine echte Option bezeichnen. Sich auf gut Glück um Arbeiten mit diesen Substanzen zu drücken auch nicht. Erst recht nicht, wenn man gerade dabei ist, in neue Methoden eingelernt zu werden.
Zwei Monate lang krankschreiben lassen, was das telefonische Angebot der Arzthelferin in der Praxis meiner Gynäkologin war, kam mir unfair vor – mir war ja nicht mal übel, ich fühlte mich nicht krank. Gleichzeitig fehlte es mir an Mut, es meiner Kollegin gleichzutun: Die hatte noch in der 4. Schwangerschaftswoche, also noch vor der verpassten Periode, unseren Vorgesetzten informiert, und seitdem auch nicht mehr im Labor gearbeitet.
Vorerst undercover schwanger
Der erste Arbeitstag nach dem positiven Test gestaltete sich daher vor allem vorsichtig tapsend und ziemlich paranoid. Sieht man mir was an? Wie gut kann ich was umgehen? Was ist wie schädlich? Fragen sich die Kollegen, warum ich Sicherheitsdatenblätter von Chemikalien nachschaue?
Ich nahm mir vor, den ersten Ultraschall in wenigen Wochen abzuwarten, so gut es ging. Also die Auf Gut Glück-Methode. Ist der Herzschlag erstmal detektiert, ist die Schwangerschaft zumindest schon mal irgendwie sicherer. Oder zumindest mal ärztlich bestätigt. Aber man muss ja den Ofen nicht befeuern, ehe das Huhn nicht am Spieß ist. Außerdem standen Mitarbeitergespräche an. Eine neutrale, nicht in Fruchtwasser getränkte Bewertung meiner Arbeit schriftlich protokolliert zu haben, könnte ja später noch nützlich werden. Natürlich würde ich, wenn ich für Arbeiten mit schweren Geschützen wie Formaldehyd oder Chloroform eingeteilt werden würde, mit der Sprache rausrücken. Bis dahin also: Undercover schwanger bleiben. Und hoffen, dass das hinhaut.
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