Introduction

Geburt mit Hindernissen

Geburt mit Hindernissen

Gegen drei Uhr nachts stellte die Hebamme fest, dass meine Körpertemperatur angestiegen war. Die Öffnung der Fruchtblase hatte eine Infektion verursacht, früher als erwartet. Doch das verabreichte Antibiotikum schien nicht zu wirken. Nur kurze Zeit später stieg meine Temperatur erneut an – ein unvorhergesehenes Hindernis.

Zwischenzeitlich musste ich zweimal etwa zehn Minuten lang tief in meinen Bauch atmen, da sich die Herztöne des Babys verschlechtert hatten. Meine Atmung schien offenbar etwas zu bewirken. Das Baby erholte sich wieder.

Ein unberührter Begleiter

Mein Freund war indessen eingenickt und schien von den Turbulenzen unberührt. Anfangs verließ ich mich auf die Hebamme und ihre Schülerin. Schließlich waren sie die Experten. Was sollte mein Freund da schon ausrichten? Doch als die Herztöne unseres Babys zum zweiten Mal auffällig wurden, wurde ich zunehmend besorgt. Gegen vier Uhr morgens sollte die Austreibungsphase beginnen. Mein Muttermund war nun weit genug geöffnet.

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Herausforderungen und Sorgen in der Geburtsphase

„Möchten Sie den Kopf des Babys berühren?“, fragte die Hebamme. Ich nickte, tastete nach unten – und spürte nichts. Warum? Das Baby schien nicht mit dem Kopf im Becken zu liegen. Auch Bewegungen im Vierfüßlerstand halfen nicht, den Kopf tiefer ins Becken zu bringen. Ich bemerkte, dass nun auch die Hebamme allmählich nervös wurde.

Eine Assistenzärztin wurde gerufen. Sie maß die Sauerstoffsättigung am Kopf des Babys, um festzustellen, ob es ihm weiterhin gut ging. Die sogenannte Fetalblutanalyse (FTB) gibt Aufschluss über einen möglichen Sauerstoffmangel beim Kind. Dabei entnimmt ein Arzt durch den Muttermund einige Tropfen Blut von der Kopfhaut des Babys. Bei mir waren die Werte gut – zum Glück. Trotzdem rief die Assistenzärztin die Oberärztin zur Unterstützung.

Spätestens jetzt wurde auch ich nervös und wütend auf meinen Freund, der immer noch unberührt schlief. Ich weckte ihn mit den Worten: „Es gibt ein Problem.“ Benommen stand er neben mir. „Das ist aber anstrengend“, murmelte er. Ich dachte ernsthaft, er will mich auf den Arm nehmen und bat ihn, den Kreißsaal zu verlassen. Schließlich hatte ich die bisherigen Herausforderungen alleine gemeistert und würde die Geburt auch ohne seine Hilfe schaffen.

Kampf um eine natürliche Geburt: Vom Beckenkreisen und Kristellern

Die Oberärztin war besorgt, dass die Austreibungsphase so lange andauerte – fast drei Stunden. Normalerweise würde sie in solchen Fällen zum Kaiserschnitt raten. Ich hatte inzwischen jegliches Zeitgefühl verloren. In meinem Geburtsplan stand, dass ich mir eine möglichst natürliche Geburt, ohne viele Interventionen wünschte. Das hatte bis dahin ja prima geklappt… Und nun sprach die Ärztin auch noch von einem Kaiserschnitt. Ohne mich!

Trotz PDA und Problemen mit dem Kreislauf stellte ich mich mit letzter Kraft vor das Kreißsaalbett und kreiste meine Hüften, um den Kopf des Babys ins Becken zu bekommen. Vergebens.

Die Oberärztin bemerkte meine Entschlossenheit, mein Baby auf normalem Wege auf die Welt zu bringen und schlug vor, es mit sanftem Druck auf meinem Oberbauch nach unten ins Becken zu bewegen. Bisher hatte ich vom sogenannten Kristeller-Handgriff nichts Gutes gehört. In diesem Moment war mir sogar diese Methode recht, um einen Kaiserschnitt zu vermeiden. Es war tatsächlich nicht so schlimm, wie ich es mir vorgestellt hatte. Doch geholfen hat es auch nicht.

Mein Baby entpuppte sich als ein Sterngucker. Es hatte den Kopf mit dem Gesicht nach oben, also zum Bauch statt zum Rücken, gedreht. Der letzte Versuch, einen Kaiserschnitt zu vermeiden: die Vakuumextraktion.

Geburt mit Saugglocke

Ich zögerte keine Sekunde und stimmte sofort zu. Binnen weniger Minuten füllte sich der Kreißsaal mit Menschen. Als wäre das nicht schon genug, wechselte auch noch das Hebammenteam seine Schicht. So kurz vor der Entbindung! Die neue Hebamme war etwas älter, schien routiniert und redete mir beruhigend zu.

Aus Angst vor einem mir so gefürchteten Kaiserschnitt begannen meine Beine heftig zu schlottern. Mein Freund wurde wieder hereingeholt und konnte mir zumindest am Ende des Geburtsmarathons Unterstützung leisten. Unter den Augen der vielen fremden Menschen und im grellen OP-Licht musste ich nun auf Anweisung der Ärztinnen mein Kind herausdrücken.

Und plötzlich war sie da

Bereits beim ersten Pressen spürte ich, dass etwas flutschte. Der Kopf war dank Saugglocke tatsächlich nach unten gerutscht. Es dauerte nur wenige Minuten, und ich hielt mein kleines Mädchen in den Armen. Ihr Kopf war durch die Saugglocke in Mitleidenschaft gezogen worden. Sie hatte einen großen Bluterguss auf der vorderen Kopfseite und ich ein schlechtes Gewissen. Aber wäre ein Kaiserschnitt tatsächlich schonender gewesen?

Privat

Ende des Geburtsmarathons

Von meinem großen Blutverlust kurz nach der Entbindung habe ich nichts mitbekommen. Ich wunderte mich bloß, warum das Abnabeln so schnell gehen sollte. „Möchten Sie die Nabelschnur abtrennen?“, fragte eine der Ärztinnen und hielt eine Schere entgegen. Mein Freund nickte mir aufmunternd zu. Er hatte unsere ältere Tochter abgenabelt, nun war ich an der Reihe. Die Plazenta folgte nur wenige Minuten später. Offenbar hatte man mir Oxytocin verabreicht, um die Blutung zu stoppen. Eine weitere Intervention, die ich gern vermieden hätte.

Meine Geburtsverletzungen waren groß, aber das war mir in diesem Moment völlig egal. Ich blickte gerührt auf das kleine Bündel in meinen Armen: Wir hatten es geschafft!

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