Zeit ist wertvoll

Meine Freundin bot sich spontan als Babysitter an. Das passiert selten und ist etwas ganz Besonderes für mich als Alleinerziehende. Ich wollte ursprünglich zum Oktoberfest mit meinem Sohn gehen. Doch dann entschied ich mich intuitiv anders. Gegen den Trubel, gegen alkoholisierte Menschen und für mich. Zeit ist wertvoll. Neben Gesundheit aktuell das Wertvollste.

Mein Akku durfte wieder geladen werden und ich entschied mich für meine Lieblings-Sauna.

Ich darf meinen Bedürfnissen folgen

Seit über 2 Jahren war ich nicht allein dort. Wir waren mal mit mehreren Eltern und den Babys zum Familientag da. Dann lagen sie dort auf den Decken und wir huschten immer mal wieder schnell in einen Aufguss. Richtig entspannend war das allerdings nicht. Die Babys brauchten uns noch in kurzen Abständen.

Jetzt mit 15 Monaten, erlauben es die Umstände, dass ich mehrere Stunden unterwegs bin. Vor einem Jahr hätte ich das nie zu träumen gewagt. Das ständige Stillen und die Erfüllung der Grundbedürfnisse machten mich unentbehrlich. Ich stille zwar weiterhin, doch hauptsächlich morgens und abends. Tagsüber isst er jetzt ganz normale Kost und kann daher auf mich verzichten.

Jetzt durfte ich also zum ersten Mal allein in die Sauna fahren. Allein im Auto sitzen und niemanden nebenbei bespaßen müssen. Die Musik aufdrehen, so laut ich wollte. Das war herrlich.

Ich erinnere mich, dass ich vor meiner Schwangerschaft jede Woche jeweils 6-7h dort in der Sauna war. Damals wusste ich diese Zeit nicht zu schätzen. Es war einfach normal und ich war nicht besonders dankbar.

Sogar das Gegenteil war der Fall. Oft wusste ich nichts mit mir anzufangen dort auf der Liege. Surfte online mit dem Handy auf Dating Portalen. Ich war insgesamt wenig präsent im Moment.

Der heutige Sauna Besuch war völlig anders. Es war nur ein Bruchteil der Zeit von früher, denn ich war 2,5h nach Ankunft wieder im Auto nach Hause. Meine Freundin hatte mir diesen zeitlichen Rahmen gegeben und ich nahm natürlich dankend alles, was ich an Zeit und Raum für mich bekommen konnte.

Trotz des kurzen Aufenthaltes war es einer der entspanntesten und schönsten Besuche für mich.

Was war heute anders?

Nun, im Grunde war die Saunalandschaft die gleiche. Gleiche Aufgüsse, gleiche Räume, gleiche Liegen.

Nur ich bin plötzlich anders. Ich fühlte anders. Ich weiß jetzt mehr denn je, wie kostbar Zeit ist. Zeit ist gefühlt so viel wertvoller als Mama geworden. Ich bin so viel dankbarer um jede Minute, die ich ohne Verantwortung für eine kleinen Menschen verbringen darf.

Ich wollte ganz im Moment sein. Ganz präsent nur mit mir. Das gelang mir sehr gut. Die anderen Menschen nahm ich wenig wahr. Früher hätte mich besonders der Anblick der Männer mehr gereizt. Ich war mehr im „Außen“ als im „Innen“ und meist mit einer latenten Unruhe.

Und so verbrachte ich die 2,5h voller Dankbarkeit und Achtsamkeit. Das Handy blieb im Spind. Ich vertraute darauf, dass mein Kleiner nicht nach mir verlangte. Und dass meine Freundin auch ohne mich zurechtkommt. Zudem wollte ich gar nicht erst in Versuchung geführt werden, doch mal kurz Nachrichten abzurufen, zu beantworten etc.

Ich startete in einer 65 Grad Steinsauna. Das ist mein typischer Ablauf, mein Ritual. Dort spürte ich, wir verspannt mein Körper ist, wie angespannt mein Nervensystem.

Woher diese Anspannung?

Morgen startet die Kita Eingewöhnung. Ich habe großen Respekt vor dieser Veränderung und dem Start der Fremdbetreuung. Zudem erwarte ich meine Periode. Seit der Geburt geht das mit einigen Nebenwirkungen einher. Ich vermute fast das Prämenstruale Syndrom (PMS), beobachte es aber jetzt erstmal noch weiter, bevor ich medizinischen Rat einhole.

Ankommen in mir

In der Sauna lag ich eine Weile einfach auf den heißen Steinen, genoss die Wärme und massierte Schläfen und Nacken. Das tat gut. Danach dehnte ich meinen Körper durch und ließ die Anspannung weichen. Es gelang ein wenig. So richtig an- und runtergekommen war ich noch nicht.

Ich setzte mich an den Teich. Nur mit Tuch bekleidet, fühlt sich das Leben gleich viel leichter an. Ich lauschte dem sprudelnden Wasser, genoss die Sonne auf meinem Körper und blickte in grüne Sträucher und Büsche. Herrlich diese Stille. Ich suchte mir bewusst die Ecken, ohne andere Menschen. Auch das war früher anders.

Einen Klangschalen-Aufguss später fühlte ich mich wohlig weich von Innen und Außen. Auf einer Liege im Garten spürte ich nach. Die Sonne schien auf meinen nackten Körper. Ist das Leben nicht schön? Warum vergessen wir das so häufig in dem verschluckenden Alltag, in dem wir so viel funktionieren innerhalb unserer Termine und TO-Dos?

Zum Abschluss einen Cappuccino, eine Saftschorle und eine heiße Dusche und ich war im 7. Himmel.

Voller Dankbarkeit für ich heim und freute mich auf meinen kleinen Rabauken.

Zeit ist wertvoll

Ich denke, es geht vielen Eltern ähnlich. Es gibt wenig Raum für die eigenen Bedürfnisse und wenig Raum für Zeit zu Zweit. Oft sind die Großeltern nicht in der Nähe oder es besteht kein Kontakt zur Familie. Wir Familien dürfen uns mehr gegenseitig unterstützen bzw. ein in Betreuungsnetzwerk aufbauen. Es ist wichtig, dass wir sie bekommen – die Zeit  und den Freiraum für uns. Damit wir entspannte Eltern bleiben können und unsere Kinder bestmöglich bindungsorientiert begleiten können.

Zeit ist wertvoll. Nutzen wir Sie!