Introduction

Eine unerwartete Wendung

Eine unerwartete Wendung

Eine Woche nach Beginn meines Mutterschutzes meldete ich mich im Krankenhaus zur Geburt an. Beim Ultraschall wurde mir mitgeteilt, dass der Fötus sehr groß sei und möglicherweise, spätestens aber am errechneten Geburtstermin (ET), eingeleitet werden soll. Sicherlich lag dies auch in meinem Alter begründet. Meine erste Tochter, die ich mit 39 Jahren auf die Welt brachte, hatte knapp zwei Wochen auf sich warten lassen.

Mit dem Wort Einleitung hatte ich vorwiegend negative Assoziationen. Doch wie sich bald herausstellte, sollte das mein geringeres Problem werden.

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Der Frauenarzttermin nach der Anmeldung im Krankenhaus

Einen Tag später hatte ich meine nächste Vorsorgeuntersuchung (VU) beim Frauenarzt. Erst ging es ins Labor, wo Urin, Gewicht und Blutdruck überprüft wurden. Anschließend kam ich in den kleinen Raum, der an eine gemütliche Abstellkammer erinnerte. Eine gläserne Schiebetür trennte das Bett vom Empfangsbereich. Mithilfe des CTG (Cardiotocographie), auch bekannt als Wehenschreiber, überwachte die Arzthelferin die Herzfrequenz meines Babys und die Wehentätigkeit der Gebärmutter. Von den Wänden blinzelten mich Fotos winziger Neugeborener in den Armen ihrer stolzen Eltern an. Ich fühlte mich wohl und unbesorgt. Lediglich die Sache mit der Einleitung wollte ich mit meiner Frauenärztin noch einmal besprechen. Die Vorstellung, meine Wehen künstlich einzuleiten, bereitete mir Unbehagen und widersprach meinem Wunsch nach einer natürlichen Geburt.

Außerdem war im Krankenhaus festgestellt worden, dass ich eine große Menge an Fruchtwasser hatte, was meinen riesigen Babybauch erklärte. Als ich nach einem Frauenarzt-Termin beim Bäcker Semmeln holte und die Bäckereifachverkäuferin meinen sehr ausladenden Bauch sah, blickte sie mich mit einem wissenden Lächeln an. „Zwillinge sind es nicht“, sagte ich schmunzelnd und mit leicht empörtem Ton. Daraufhin erwiderte die Verkäuferin: „Sind sie sich da sicher? Ich habe selbst erst während der Geburt erfahren, dass es Zwillinge sind.“

Wenn das Baby „falsch herum“ liegt

Als ich das Untersuchungszimmer meiner Frauenärztin betrat, sollte ich es mir auf der Liege neben dem Ultraschallgerät bequem machen. Die Ärztin verteilte wie gewohnt Gel auf meinem ausladenden Bauch und begann mit dem Ultraschall. Sie schaute sich alles genau an. Als sie das Gerät absetzte, fragte sie mich: „Haben Sie schon im Krankenhaus über einen Kaiserschnitt gesprochen?“ Wie bitte? Kaiserschnitt? Ich war irritiert. Erst im weiteren Verlauf des Gesprächs und mithilfe des Ultraschalls begriff ich, dass mein Baby sich über Nacht in Beckenendlage (BEL) gedreht hatte. Es war eine überraschende Wendung.

Am Abend zuvor hatte ich tatsächlich heftige Bewegungen und Strampeln meines Babys gespürt. Vielleicht lag es daran, dass mich urplötzlich der Nestbautrieb überkommen hatte. Es gab noch etliche Dinge, die ich in Vorbereitung auf die Geburt erledigen musste, und die mir damals unwahrscheinlich wichtig vorkamen: Die Wickelauflage war noch nicht bestellt, das Stillkissen fehlte und unser Beistellbett befand sie immer noch bei Freunden.

Vielleicht ist meine Kleine deshalb so aktiv, weil ich mich wegen der vielen To-Dos aufrege, dachte ich mir noch. Doch dass sie sich in der 36. Schwangerschaftswoche nach mehreren Wochen in Schädellage plötzlich mit dem Kopf nach oben drehte, hatte ich nicht erwartet.

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Äußere Wendung als Alternative zum Kaiserschnitt

Dann erwähnte meine Ärztin noch eine andere Option: die äußere Wendung, auch als äußere Drehung bekannt. Dabei versuchen erfahrene Ärzte im Krankenhaus,  die Position des Babys durch sanften Druck auf dem Bauch von außen zu verändern. Ziel ist es, das Baby aus einer Beckenendlage oder Querlage in eine günstigere Schädellage zu drehen, um eine vaginale Geburt zu ermöglichen.

Obwohl ich bereits viele negative Berichte über die äußere Wendung gehört hatte, kannte ich persönlich niemanden, der sie ausprobiert hatte. Die wenigen Bekannten, deren Babys sich am Ende der Schwangerschaft in Beckenendlage befanden, entschieden sich alle für einen Kaiserschnitt. Für mich war die äußere Wendung die letzte Option, falls alle anderen Versuche fehlschlagen würden.

Methoden, die das Baby zum Drehen animieren

In meiner Verzweiflung suchte ich nach Möglichkeiten, das Baby noch einmal zur Drehung zu bewegen. Meine Nachsorgehebamme erklärte mir jedoch wenig hoffnungsvoll, dass eine Spontandrehung nach der 36. Schwangerschaftswoche unwahrscheinlich sei: „Das Baby nimmt jede Woche fast 200 Gramm zu. Deshalb hat es kaum Platz, sich zu drehen.“

Trotz meiner Bemühungen zu Hause mit Übungen wie der indischen Brücke und der Tönnchenstellung gelang es nicht, mein Baby zur Drehung zu animieren. Auch dem  Licht der Taschenlampe, das durch die Bauchdecke strahlte und dem Klang der Spieluhr, die ich ans untere Bauchende hielt, folgte es nicht.

Die Suche nach professioneller Hilfe, um das Baby mittels Moxen, Akupunktur oder Fußreflexzonenmassage zur Drehung zu stimulieren, gestaltete sich aufgrund der bevorstehenden Pfingstferien schwierig. Die Zeit wurde knapp. Schließlich konnte ich im Geburtshaus einen letzten Termin beim Osteopathen ergattern, der versuchte, mein Becken durch Handauflegung zu lockern.

Neue Zuversicht schöpfte ich schließlich durch das Gespräch mit einer Hebamme, die in dem Krankenhaus arbeitete, in dem ich entbinden wollte. Sie erklärte mir, dass es sogar während der Geburt möglich sei, das Baby zu drehen, selbst wenn es sich schräg im Becken befindet. Ihre Beckenmassage brachte jedoch nicht den erhofften Erfolg.

Ich entschied mich für die äußere Wendung im Universitätsklinikum als „Ultima Ratio“.

 

 

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