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Der richtige Dreh: Die äußere Wendung

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Der richtige Dreh: Die äußere Wendung

Meine Zeit im Mutterschutz hatte ich mir anders vorgestellt – entspannter. Als freiberufliche Texterin hatte ich noch ein Projekt zu beenden. Wochenlang hatte ich auf die Freigabe eines Textes gedrängt und war immer wieder vertröstet worden. Nun, pünktlich zum Mutterschutz, trudelte dieser endlich ein. Neben den bürokratischen Vorbereitungen für die Ankunft unseres Babys wie dem Antrag auf Elterngeld, gab es auch noch vieles andere zu erledigen. Die alte Wickelkommode etwa musste auf Vordermann gebracht werden und die Krankenhaustasche war noch nicht gepackt. Ich sah es als schlechtes Omen an, zu früh vor dem errechneten Termin mit den finalen Erledigungen zu beginnen. Und jetzt wurde ich auch noch mit einer Beckenendlage konfrontiert und einem Baby, dass sich partout nicht mehr zurückdrehen wollte. Die äußere Wendung im Krankenhaus stand bevor.

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Die äußere Wendung

Bedenken, mein Baby durch einen „Eingriff von außen“ in die richtige Position drehen zu lassen, hatte ich nicht. Schließlich hatte es all die Wochen zuvor bereits in Schädellage gelegen. Eine Drehung war also möglich. Angst hatte ich vielmehr, dass sich durch die äußere Wendung die Plazenta lösen könnte und sie es sofort per Notkaiserschnitt holen müssen.

Doch die Ärzte schienen zuversichtlich, trotz Vorderwandplazenta. Mein Joker war wohl, dass ich keine Erstgebärende mehr war und meine erste Tochter auf natürlichem Wege auf die Welt gebracht hatte. Mein Alter spielte hierbei keine Rolle.

Mit nüchternem Magen und Proviant im Gepäck klingelte ich an der Kreißsaaltür, wo mich eine Hebammenstudentin in Empfang nahm und in eines der Zimmer brachte. Dort musste ich einen Krankenhauskittel überziehen. Nach einem CTG und einer weiteren Ultraschalluntersuchung bekam ich für den Notfall einen Zugang gelegt. Ich war angespannt. Wegen Corona durfte mein Freund mich nicht zur äußeren Wendung begleiten. Erst einen Monat zuvor hatte er einen neuen Job angefangen und war an der Arbeit – allerdings in Alarmbereitschaft.

Mit vereinter Kraft versuchten nun die Assistenz- und die Oberärztin mein Baby wieder zurückzudrehen. Es war ein sehr unangenehmes Gefühl. Ich sollte sagen, wenn mir etwas weh tue. Ich tat es nicht und blieb tapfer. Mein Bauch wurde hart. Ich bekam einen wehenhemmendes Mittel. Dem Baby ging es aber gut. Das war das Wichtigste. Und: es drehte sich wieder nach unten. Doch sein Kopf wollte nicht ins Becken rutschen.

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Ein magischer Dreh

Die Oberärztin verließ den Kreißsaal und kam kurz darauf mit einer zweiten Oberärztin zurück. Sie legte nur kurz die Hand auf meinen Bauch und ich dachte noch, dass sie erst einmal tastet, wie das Baby nun liegt. „Geschafft.“ Die Medizinerinnen schauen mich mit einem zufriedenen Lächeln an. Ich konnte es gar nicht glauben. Scheinbar wie von Zauberhand hatte sie allein durch kurzes Handauflegen das Baby dazu bewegt, seinen Kopf wieder im Becken zu positionieren. Gespürt hatte ich davon nichts. Ich war erleichtert. Damit sich die Kleine nicht gleich wieder zurückdrehte, sollte ich noch eine halbe Stunde auf dem Kreißbett liegen bleiben. Dann wurde ich entlassen.

Wider der Prophezeiung meiner Hebamme, dass es für ein Baby ab der 37. Schwangerschaftswoche zu schwer sei, weitere Purzelbäume zu vollführen, hatte sich meins nach der äußeren Wendung tatsächlich noch einmal in Beckenendlage gedreht. Das Personal im Krankenhaus riet mir zu einer weiteren Drehung von außen. Danach sollte die Geburt direkt eingeleitet werden.

Zweite äußere Wendung mit Überraschung

Mit einem mulmigen Gefühl betrat ich das Krankenhaus. Es war Freitagmittag. Am Nachmittag hatte ich noch einen Beratungstermin bei einer Hebamme bekommen. Doch was, wenn sie mich gleich dort behalten wollten? Es wurde alles vorbereitet. Die Hebammenstudentin, teilte mir mit, dass sie zum ersten Mal bei einer äußeren Wende dabei sein dürfe. Sie schien ähnlich aufgeregt wie ich.

Bevor es losgehen sollte, schallte der Arzt noch einmal über meinen Bauch. „Das Baby liegt mit dem Kopf nach unten.“ Wie bitte? Erst allmählich wurde mir klar, was dies bedeutete: Ich brauchte keine äußere Wendung mehr!

Der Arzt riet, noch an diesem Tag einzuleiten. Für die Geburt war ich jedoch noch nicht bereit.  Und ich fühlte, dass es meinem Baby ähnlich ging. Dennoch wollte ich nicht tatenlos abwarten. Ich entschied mich für eine sanftere Methode der Geburtseinleitung: eine Eipollösung. Dabei wird die Eihaut, die äußere Hülle der Fruchtblase, mit der Hand vom Gebärmutterhals gelöst, mit dem sie verklebt ist.

Bei der Geburt meiner ersten Tochter hatte dies Wunder gewirkt. Nur wenige Stunden nach der Eipollösung stand ich mit heftigen Wehen wieder vor der Kreißsaaltür. Die damalige Hebamme hatte mir jedoch nicht erklärt, was sie während der vaginalen Untersuchung vorhatte. Die Geburtsschmerzen habe ich längst vergessen. An den stechenden Schmerz durch die Eipollösung erinnere ich mich aber heute noch. Er war mit nichts vergleichbar. Dass es sich um eine Eipollösung handelte, erkannte ich erst nach der Geburt. Wenn man es genau nimmt, war es schon ein Fall von „Gewalt in der Geburtshilfe“. Nicht nur, dass ich nicht informiert oder vorgewarnt worden war. Wie ich später erfahren habe, wird wohl auch eher Frauen zu dieser Methode geraten, die bereits ein Kind auf die Welt gebracht haben.

Ich hatte also großen Respekt vor einer erneuten Eipollösung. Dennoch schien es mir der bessere Weg, die Geburt einzuleiten. Diesmal hatte ich eine sehr einfühlsame Hebamme, die mehrmals betonte, dass ich mich melden solle, sobald etwas weh tue. Ich verspürte keinerlei Schmerzen. Der Erfolg blieb allerdings ebenfalls aus.

Das Wochenende durfte ich noch abwarten. Am Montag sollte ich mich zur Geburtseinleitung im Kreißsaal melden.

 

 

 

 

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