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Total schräge Ausgangslage!

Total schräge Ausgangslage!

Was für eine Nacht, dachte ich am Freitagmorgen, als ich mit total verquollenen Augen in den Badezimmer Spiegel blinzelte. Zwei Tage vorher verbrachte ich noch fleißig mit etlichen Yoga-Übungen, Alternativmethoden wie Lichttherapie und anderem Hokuspokus. Alles in der Hoffnung, dass sich unser Baby vielleicht doch noch mit dem Kopf in Richtung Becken dreht und nicht in Querlage verharrt. Einfach eine total schräge Ausgangslage! Wie es dazu überhaupt erst kam, könnt ihr in meinem vorherigen Artikel „Kreuz und Quer – Purzelbaum mit Folgen!“ nachlesen.

Der Tag der Wendung!

Super nervös und angespannt, fuhren wir also in die Klinik. Leider durfte Max aufgrund von Corona nicht mitkommen, deshalb machte er stattdessen mit Lou einen Spaziergang in Kliniknähe, um im Notfall abrufbereit zu bleiben. Aufgrund der möglichen Komplikationen wie zum Beispiel Plazenta Ablösung, Blutungen bis hin zum Notkaiserschnitt, gingen mir sämtliche Bilder durch den Kopf und bescherten mir seit Tagen schlaflose Nächte. Um 8.00 Uhr, nüchtern und mit Magen grummeln meldete ich mich im Kreißsaal. Eine junge, nette Hebamme, holte mich an der Tür ab und brachte mich erstmal in ein schönes, ruhiges Untersuchungszimmer. Nachdem ich in das „sexy“ Krankenhaushemd schlüpfte, wurde ich erstmal an ein CTG (Cardiotokographie) oder auch Wehenschreiber genannt, angeschlossen. Ich hoffte noch immer auf ein Wunder und redete dem Krümel gut zu, sich doch noch schnell selbstständig zu drehen.

Vorher nochmal Ultraschall…

Schließlich kam eine junge Assistenzärztin mit ihrem noch jüngerem PJ (Arzt im Praktikum) ins Untersuchungszimmer, um vorher nochmal die genaue Lage mit einem Ultraschallgerät zu checken. Mit dem Schallkopf noch etwas unbeholfen suchte der PJ erstmal nach dem Baby. Irgendwann dauerte es der Assistenzärztin jedoch zu lange mit dem Suchen und sie übernahm endlich das Ruder. „So so“, sagte sie, ihr Kind liegt ja gar nicht quer, sondern schräg. Schließlich hatte sich Krümel doch schon etwas gedreht, aber leider in die falsche Richtung. Alles in allem eine total schräge Ausgangslage! Es stand also fest, eine äußere Drehung war dringend notwendig.

Der attraktive, nette Oberarzt!

Mir fiel ein Stein vom Herzen als plötzlich ein äußerst attraktiver, ruhiger und netter Oberarzt zur Tür hereinkam und sich vorstellte. Ich hatte schon etwas Angst, da ich anfangs dachte, dass die junge Assistenzärztin und ihr unbeholfener Geselle für die äußere Wendung zuständig wären. Ich war heilfroh, als der Oberarzt mir nochmal das ganze Prozedere ruhig erklärte. Zuerst musste der PJ bei mir aber noch eine Nadel legen, natürlich nicht leicht, wenn einem der Oberarzt über die Schulter schaut. Nach zwei gescheiterten Versuchen klappte es aber dann auch endlich und wir konnten losgehen.

Die „äußere Wendung“ – was passiert?

Die Hebamme stand neben meinem Bett und versuchte mich mit Atemübungen zu beruhigen. Der Oberarzt startete erstmal ohne Wehenhemmer  den Versuch der Drehung. Sehr gut, dachte ich, nicht immer sofort die Chemiekeule im Einsatz, besser erstmal ohne Medikamente. Die Wendung wurde zudem mit CTG und Ultraschall kontinuierlich überwacht, um auch die Herztöne des Babys im Auge zu behalten. Leider wurde mein Bauch ziemlich schnell hart, d.h. die Gebärmutter spannte sich einfach zu sehr an. Demzufolge machten wir eine kurze Pause und ich bekam schließlich doch noch ein wehenhemmendes Medikament, um den Bauch wieder weicher zu machen. Plötzlich hatte ich leichtes Herzrasen, eine mögliche Nebenwirkung des Wehenhemmers. Ich versuchte sanft in den Bauch zu atmen, damit ich etwas ruhiger wurde. Um mich abzulenken, animierte mich der Oberarzt, eine Geschichte aus meinem Leben zu erzählen. Tja, was soll ich denn da jetzt so spontan erzählen?

Sierra Leone(Westafrika) – meine zweite Heimat.

Photo by Random Institute on Unsplash

Da dachte ich an meine Auslandseinsätze in Westafrika, Sierra Leone. Ich schwelgte in Erinnerungen und erzählte über meine prägenden Erfahrungen während der Ebola Krise. Die lustigen, aufmunternden Krankenschwestern, die mich sofort ins Team integrierten, der Einsatz in der Ebola Unit mit den vielen Kindern, denen wir aufgrund von fehlenden medizinischen Geräten und Medikamenten nicht immer helfen konnten. Aber auch andere Krankheiten, wie Malaria, Sepsis (Blutvergiftung), HIV und Tuberkulose etc. bei der die Kinder in Deutschland definitiv eine bessere Überlebenschance gehabt hätten. Und mir wurde wieder bewusst, wie gut es mir in unserem Land überhaupt geht, welchen medizinischen Standard wir hier haben. Auch wenn ich mich vielleicht jetzt etwas weit aus dem Fenster lehne, da wir ja seit 2 Jahren in einer nicht endenden Pandemie stecken und auch hier in der Pflege nicht alles super läuft. Ich selbst habe vor meiner Schwangerschaft auch auf einer Corona Intensivstation mitgearbeitet und weiß sehr wohl wie es dort abläuft. Trotzdem haben wir täglich Strom, (warmes) Wasser, Essen und werden bezahlt, sodass wir davon gut leben können. Das war und ist in Sierra Leone nicht immer der Fall. Der Strom fiel regelmäßig aus, Wasser hatten wir nur alle 2 Tage und die Krankenschwestern bekamen ihren Lohn teilweise erst Monate später. Aber dieser Lebensmut der Menschen dort, dieses Lachen, ihr Humor und dieses NICHT AUFGEBEN, trotz besch……. Lage, bewundere ich zutiefst. Damals verliebte ich mich relativ schnell in das Land und die Leute!

Plötzlich stoppte der Arzt.

Schließlich atmete ich tief in meinen Bauch hinein und hoffte, dass unserer Kleinen die Wendung nichts ausmachte. Plötzlich stoppte der Arzt mit dem Geschiebe und ich konnte spüren, wie das Baby mit dem Kopf nach unten purzelte. Jetzt musste ich mich sofort auf die linke Seite drehen, um ein zurück kugeln der Kleinen zu verhindern. „War’s das schon?“, fragte ich verwundert. „Ja, wir sind erstmal fertig, ihr Baby liegt mit dem Kopf in der richtigen Richtung, kann sich aber jederzeit wieder zurückdrehen!“ Ich war wahnsinnig erleichtert, dass der Eingriff so schnell und unkompliziert verlief. Ich blieb noch etwas in Seitenlage und durfte danach erstmal frühstücken. Vor lauter Aufregung und Freude zugleich brachte ich nur wenige Bissen hinunter. Ich war weiterhin am CTG angeschlossen, um noch für eine halbe Stunde überwacht zu werden. Abschließend kam nochmal der Oberarzt und kontrollierte erneut mittels Ultraschall die Lage des Babys, die Plazenta, Fruchtwasser und die Nabelschnur. Zum Glück war alles in Ordnung und ich verließ erleichtert die Klinik, wo ich von Max und unserem Hund Lou freudestrahlend empfangen wurde.

Bis zum nächsten Mal,

bleibt gesund und bis bald!

Eure Sunny

Photo by Sharon McCutcheon on Unsplash

 

 

 

 

 

 

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