Ich habe 10 Jahre lang für einen großen deutschen Reiseveranstalter gearbeitet. Meine Trips an den Wochenenden fanden überwiegend in 5* Hotels statt. Mein Fokus lag auf Wellness und kulinarischem Genuss mit Bergblick. Jetzt mit Kind heißt es plötzlich „Urlaub auf dem Bauernhof“. Niemals hätte ich gedacht, dass ich mich eines Tages dort wiederfinde.
Mitglieder der Tourismusbranche bekommen in vielen Hotels Rabatte und so war ich alle 4-6 Wochen unterwegs. Die Branche habe ich verlassen und bekomme leider die Rabatte nicht mehr.
Zudem könnte ich mir eine derartige Umgebung mit wildem Kleinkind nicht vorstellen. Ich hätte immer das Gefühl, die anderen Gäste zu stören, wenn der Kleine laut umher krabbelt oder Essen auf den Boden fallen lässt.
Online werden mir immer wunderschöne Luxushotels speziell für Familien vorgeschlagen. Mein Herz für Ästhetik und Genuss hüpft dann immer sehr. Doch aktuell sind mehrere Hundert Euro für ein Wochenende mehrmals im Jahr für mich nicht machbar.
Daher finde ich es gut, dass es Urlaubsmöglichkeiten für die verschiedenen Zielgruppen gibt. Jetzt bin ich also im Team Familienurlaub und wage mich an das Experiment Bauernhof. Auch hier gibt es Unterschiedliche Preisklassen und wir hatten ein richtig großartiges Angebot von 25€/Nacht p.P. inkl. Frühstück.
Meine Reisegruppe
Hier bei uns im Viertel hatte ich eine Eltern-Gruppe gegründet. Eigentlich zum gegenseitigen Kinder abnehmen und Freiraum schaffen. Diese hat sich dann zu einer Spielgruppe verändert. Nicht die gewünschte Entlastung für mich als Alleinerziehende aber ein wenig das „Dorf in der Stadt“.
Urlaub auf dem Bauernhof
Mit dieser Gruppe haben wir das Experiment Urlaub mit den Kindern gewagt. Ganz spontan sind wir auf einen Berghof im Münchner Umland gefahren. Ich hatte vorab eine ein wenig verklärte Vorstellung, dass es viel Platz, viel Ruhe, viel Natur und natürlich Tiere gäbe. Wild romantisch.
Die Anreise erfolgte bei einigen mit dem Auto und bei anderen mit der Bahn. Jeder kam in seinem Tempo und im (Schlaf-) Rhythmus des Kindes dort an. Eine Familie schaffte es erst einen Tag später als geplant, da das Kind von der Kita Eingewöhnung so beansprucht war, dass eine Autofahrt nicht möglich war.
Die Nächte waren kurz
Die Betten haben wir selbst bezogen und konnten wir ganz unkompliziert zusammenschieben, sodass die Kinder sicher und gemütlich mit uns gemeinsam schlafen konnten.
Am Morgen waren die Kinder allerdings sehr früh mit dem Sonnenaufgang wach, da die Zimmer nicht abzudunkeln gingen. Wir hatten zwar ein Handtuch vor das Fenster gehangen, aber das brachte nur minimal was. Somit waren die Nächte eher zäh und wir waren dankbar um den Kaffeeautomaten neben der Küche.
Das Frühstück war turbulent mit 6 Kindern und nur 2 Hochstühlen für alle. Wir saßen drin und nicht draußen bei herrlichstem Wetter. So war es einfacher, die Bande in Schach zu halten. Wir störten niemanden, denn wir waren die einzigen im Raum und darum war ich sehr froh. Ich merke, dass ich nicht gerne andere „belästige“. Obwohl Kinder eigentlich nur ihren Bedürfnissen und Emotionen nachgehen ist es mir nach wie vor unangenehm aufzufallen.
Ein wenig wehmütig dachte ich zwischendurch an meine „alten“ Urlaube. Frühstück am See, langsam ein Kännchen Tee schlürfen und den Blick auf den Bergen ruhend. Ausdauernde, tiefe Gespräche mit meinen Begleitungen. All das war sehr weit weg. Aktuell war es eher eine Nahrungsaufnahme.
Urlaub auf dem Bauernhof
Die Tiere, die Schaukel und das riesige Trampolin im Garten waren für die Kinder das Highlight. Fasziniert standen Sie vor den Eseln, den Kaninchen und den Schafen. Die Tiere durften gestreichelt und umsorgt werden.
Solche Erlebnisse sind es für mich, die eine schöne und abenteuerliche Kindheit ausmachen.
Während unseres Aufenthaltes fand ein Open Air Filmfest auf dem Hof statt. Wir wussten das vorab und dachten, es würde uns gefallen. Leider haben wir davon nicht viel mitbekommen, da wir überschneidend die Kinder schlafen gelegt haben und dieser Prozess einige Zeit dauert. Ich hatte mein Babyphone dabei, aber leider funktionierte das WIFI des Hofes nicht, sodass ich es nicht nutzen konnte und auf dem Zimmer geblieben bin. Sonst hätte ich super zumindest den zweiten Film des Abends schauen können.
Als das Festival endete und als der Abbau vollzogen war und die Mehrheit der Menschen abgereist war, kehrte plötzlich eine ganz andere Stimmung auf dem Hof ein. Es war auch unser Abreisetag. Jetzt kamen wir gefühlt an und fanden im Garten schattige ruhige Plätzchen zum Schlafen und Ausruhen.
Das war wundervoll. Einige von uns verbrachten den Tag noch dort und jetzt war es so, wie wir uns das alle ursprünglich vorgestellt hatten.
Erholung war das nicht
Für mich persönlich war das eine eher stressige Erfahrung. Tatsächlich ist es gar nicht so einfach, an einem fremden Ort die eigenen kleinen Prozesse für die jeweilige Familie zu leben. Das hat dann innerhalb der Familien für Anspannung gesorgt und sich auf die Gruppe übertragen.
Meine Wünsche für potenzielle zukünftige Gruppen-Trips
Ich wünsche mir eine Möglichkeit zur sportlichen Kinderwagen Tour ab der Unterkunft. Ich brauche körperlich fordernde Bewegung in der Natur zur Entspannung. Natur gab es um den Hof genug, aber diese war mit vielen Elektrozäunen versehen. Das war zum einen einschränkend und zum anderen für die Kinder gefährlich. Wir hatten uns vorab nicht um die Recherche von Wanderwegen gekümmert. Das würden wir nächstes Mal anders machen.
Wenn ich im Umland bin, wünsche ich mir Ruhe und Möglichste wenig Menschen. Ein Festival vor Ort ist schön, aber nur sinnvoll, wenn wir es auch wirklich mit Aufmerksamkeit besuchen können.
Wir als Eltern haben uns keinen Raum nehmen können. Es wäre schön, wenn auch alle Partner mitfahren würden. Dann wären wir mehr Erwachsene und die Care Arbeit für die Kinder könnte auf mehre Personen aufgeteilt werden, sodass jeder seine ganz eigene Auszeit stundenweise bekommen kann und wirklich Erholung stattfindet.
Ein Aufenthalt von mindestens 5 Nächten macht Sinn, damit wir alle wirklich Ankommen, uns Einrichten können und neue kleine Prozesse finden.
Das Abenteuer Familie geht weiter.
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