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Gute Vorsätze

Gute Vorsätze

Gute Vorsätze überlegt man sich zu Neujahr. Aber auch eine Schwangerschaft ist ein idealer Anlass, um sich – mal realistische, mal utopische – Vorsätze für die nächsten Monate zu überlegen. Ein positiver Schwangerschaftstest Anfang Januar – das passte ja wie die Faust aufs Auge. Also her mit den lebensverändernden Zielen! Ganz oben auf der Liste: Sport.

Der Sport und ich

Ich habe seit der Schulzeit quasi keinen Sport mehr gemacht. Dabei war ich seit dem Kleinkind- und bis ins späte Teenageralter immer in mehreren Sportkursen. Karate, Turnen, Eiskunstlauf, Tennis – ich habe eine Menge ausprobiert. Sportlich war ich trotzdem nie, sondern der Typ mit der Mitmachurkunde vom Sportfest der Schule. Die mit den Einsern im Zeugnis und der gut gemeinten Drei in Sport. Die, die komplett zurecht als Letztes ins Volleyballteam gewählt wird, weil sie generell vor Bällen davonläuft. Mit Ende der Schulzeit gab ich es dann ganz auf mit der sportlichen Aktivität, vom Fahrradfahren und Ausdauertrinken mal abgesehen.

Zeit für Bewegung

Als ich schwanger wurde, nahm ich mir natürlich vor: Boah komm, wenn nicht jetzt, wann dann. Ist ja gesund fürs Kind, so ein wenig Bewegung. Und ein Vorbild bin ich schon fürs Kind in utero! Schwangerenyoga, tägliche Spaziergänge, vielleicht sogar Schwangerenschwimmen?

photo by stocksnap via pixabay

Nun gut. Es war 2021. Schwimmen war von vornherein raus. Yogakurse, Schwangerengymnastik und ähnliches gab es maximal online. Und ganz ehrlich, bei aller Fitness-Euphorie, viele Kurse wollte ich vor allem machen, um Gleichgesinnte oder Parallelschwangere zu finden. Bei Onlineyoga fällt sowas ja auch weg.

Aber zumindest regelmäßig spazieren gehen, das ist ja mal das mindeste. Und tatsächlich fange ich sehr vorbildlich an: Trotz langen Arbeitstagen steige ich mindestens zwei Stationen eher aus, um den Rest des Heimweges zu laufen. Auch wenn es früh dunkel wird und der Schneematsch sich gerne durch meine alten Schuhsohlen quetscht.

Bewegung in den Alltag integrieren – ganz vorbildlich

Quasi täglich mache ich das in der 6., 7., 8. Woche. Mensch, bin ich ’ne vorbildliche Schwangere. Ich integriere Bewegung in den Alltag.

Ich freue mich und bin überrascht, wie fit ich bin. Ehrlicherweise hatte ich erwartet, dass ich eine schreckliche Schwangere werden würde. So eine, die sich morgens in den ersten Wochen nur übergibt, mit viel Heißhunger und einer exponentiellen Gewichtszunahme, inklusive horrendem Zinseszinseffekt auf Speckröllchen. Eine, die wirklich mit ihrem ganzen Körper schwanger ist. Bei der selbst die Unterarme irgendwie schwanger aussehen. Eine Tonne mit Baby irgendwo da drinnen gelagert. Auf Tigerstreifen bin ich eingestellt, die ersten habe ich als Dreizehnjährige bekommen (ganz ohne Schwangerschaft).

Aber schaut mich an, da bin ich! Gehe noch nach 18 Uhr eine Dreiviertelstunde spazieren, in schnellem Tempo! Meine Motivation lässt selbst bei Müdigkeit nicht nach, nicht mal bei anfänglichen Rückenschmerzen. Mir geht es gut! Keine Übelkeit, keine Gewichtszunahme. Wie geil ist das denn? Ich fühle mich gut.

Zuerst kam das Huhn

Und dann kam das Huhn.

Einmal kam Georg mir nach Feierabend entgegen. Spontan entschlossen wir uns, mal den Laden auszuprobieren, der auf der Route lag. Eine Art KFC-Verschnitt. Wir essen nicht oft Fast Food, und sowas Ungesundes, das ist ja schon fast ein Klischee. Schwangerschafts-Gelüste und so. Ein Klassiker. Wir nehmen also ein paar Hühnerteile in Panade mit und einen Chickenburger. Einen Salat dazu machen wir daheim.

Daheim im Warmen schmeckt das Zeug echt gut. Ich bin es nicht wirklich gewohnt, Frittiertes zu essen, aber lecker ist es. Ja. Lecker, aber liegt auch etwas schwer im Magen.

Meine Gedanken wandern den restlichen Abend über zunehmend zum Burger. Mein Magen wird immer schwerer. Mein Kopf wird immer schwerer. Wie viele Burger habe ich eigentlich gegessen? War das wirklich nur einer? Warum fühlt es sich an wie eine Million? Plötzlich steigt mir der Geruch von Frittiertem in die Nase. Dieser ekelhaft-fettig-frittierte Geruch von Huhn. Oh Gott. Und schon hänge ich über der Kloschüssel.

 

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Lebensveränderndes Geflügel

Ich weiß nicht, was in diesem Hühnchen drin war, aber es hat mein Leben verändert. Es war eine Zeitenwende, eine Revolution meines Magens. Eine neue Ära meines Selbstbefindens. Bis zu diesem Hühnerabend war ich eine Vorbild-Schwangere. Am nächsten Tag war ich wie verwandelt.

Mir wurde von allem schlecht. Ich bekam Heißhunger auf Obst, doch auch das blieb kaum drinnen. Da war sie, die berühmte Morgenübelkeit, nur in der 24/7 Version. Aber gut, ich bin ja noch im ersten Trimester. Im zweiten wird’s ja besser, oder? Oder?

Es wird im zweiten Trimester besser, oder?

Voller Hoffnung versuchte ich das erste Trimester auszusitzen, doch es wurde mit dem zweiten nur schlimmer. Je größer das Baby wurde, desto größer die Übelkeit. Und die Kreislaufprobleme. Und die Rückenschmerzen. Und noch eine ganze Menge anderer, ungeahnter Problemchen reihten sich dazu. Meine Karriere als Vorbild-Schwangere war jedenfalls vorbei. Mein Schwangerenyoga waren nun die Verrenkungen im Badezimmer und das Anziehen von Stützstrümpfen. Später kam noch die Schlüpfer-Anzieh-Position dazu. Mein Fitness-Walk war indessen die eine Treppe hoch zum Labor, für die ich 5 Minuten einplanen musste.

Bei aller Motivation und allen Versuchen: Den Rest der Schwangerschaft verbrachte ich näher an Ohnmachtsanfällen als an sportlicher Betätigung. Und so gab ich meine guten Vorsätze fürs neue Jahr – und die Schwangerschaft – nach etwa drei Wochen wieder auf.

Epilog: Die Sperrzone

Und auch mein anfänglicher Heimweg-Spaziergang wurde wieder auf den Weg zur Bushaltestelle verkürzt. Also die 2020er-Route mit minimaler Schrittzahl. Und die Haltestelle, an der ich eine Zeit lang früher ausgestiegen bin, habe ich seit dem schicksalhaften Tag gemieden wie die Pest. Denn keine zehn Pferde bekommen mich jemals wieder in die Nähe des Hühnchenladens. Aversionen kommen und gehen, doch diese blieb – bis über die Schwangerschaft hinaus. Es herrscht eine Sperrzone von einem Kilometer um diesen Laden, die wir bis heute bei Spaziergängen beachten. Denn auch wenn mir von so ziemlich allem übel wurde in der Schwangerschaft: Nichts kommt an den Geruch von frittiertem Hühnchen dran.

 

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