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Junge oder Mädchen?

Junge oder Mädchen?

Unser erstes Kind war ein Überraschungspaket. Ich wollte mir sein Geschlecht nicht vor der Geburt verraten lassen. Ob Mädchen oder Junge – es war mir völlig egal. Auch wenn diese Entscheidung auf viel Unverständnis stieß. „Ich könnte es das ja nicht so lange aushalten. Ich wäre viel zu neugierig“, bekam ich oft zu hören. Für mich zählte nur, dass die Schwangerschaft intakt und das Baby gesund war.

Mein Freund hätte das Geschlecht des Babys gern schon vor seiner Geburt erfahren. Und so saßen wir am Tag des großen Ultraschalls in einem Schwabinger Café und diskutierten, ob wir es nun wissen wollen oder nicht. Am Ende willigte auch mein Freund ein, sich überraschen zu lassen.

Rätselraten beim Ultraschall

In der Hebammenpraxis, die auch einen Teil der Vorsorge für mich übernommen hatte, konnten wir bei einem 3-D-Ultraschall noch einmal unser Baby bewundern. „Jetzt hab ich gesehen, was es wird“, verriet uns die Hebamme mit geheimnisvollem Blick als sie über meinen Bauch schallte. Wir hakten nicht nach, sahen uns nur vielsagend an. Ein Junge! Das dachten wir zumindest. Wie sich im Nachhinein herausstellte, hätten Ärzte und Hebammen mir in beiden Schwangerschaften viel erzählen können. Ich habe das Geschlecht nie gesehen bzw. erkennen können. Rückblickend denke ich, dass uns während dieses offenbarenden Ultraschalls die Nabelschnur wohl auf die falsche Fährte brachte. Tatsächlich bekamen wir ein Mädchen!

Alessia Hansen

Leider gab meine Frauenärztin während des letzten Ultraschalls in ihrer Praxis bereits unbeabsichtigt Hinweise. An dem Gerät hing ein hellrosa Handtuch, mit dem ich mir das Gel nach der Untersuchung abwischen sollte. „Das passt doch?“ Ich war irritiert, stammelte: „Ich wollte es doch nicht wissen.“ Die Sache war damit erstmal wieder vom Tisch. Verdrängen kann ich gut. So dachte ich weiterhin, dass wir einen kleinen Jungen bekommen würde.

Die Babyausstattung hatten wir in neutralen Farben besorgt, was gar nicht so leicht war. Während zu meiner Babyzeit, Ende der 70er Jahre, bunte Strampler für Junge oder Mädchen üblich waren, findet man heute ja nur selten Babykleidung, selbst Spielzeug, das nicht in geschlechterspezifischem Blau oder Rosa ist.

Die perfekte Verwirrung

Und wie sicher ist die Geschlechtsbestimmung eines Babys überhaupt? Ich erinnere mich noch an die Baby Shower für Ali. Als ich unseren Freunden zu dem kleinen Kerl im hellblauen Overall gratulierte, entpuppte sich Ali als Mädchen. Einem Kumpel und seiner Frau wurde hingegen bestätigt, dass sie nach ihrem Sohn nun eine Tochter erwarten würden. Mit rosa Strampler fuhren sie zur Geburt ins Krankenhaus und kamen mit dem kleinen Matteo wieder zurück.

Diese Verwirrung wollte ich mir ersparen. Unter der Geburt hatten wir drei verschiedene Hebammenteams, denen wir immer wieder erklärten, dass wir das Geschlecht noch nicht wissen. Die Überraschung meinerseits war jedoch sehr groß, als die Hebamme kurz vor der Entbindung immer wieder von unserer Tochter sprach.

Ein geheimnisvoller Umschlag

Diesmal wollte ich mir ersparen, so kurz vor der Entbindung doch noch das Geschlecht  verraten zu bekommen. Zu dem großen Ultraschall, bei dem man meist gut erkennen kann, ob das Baby ein Junge oder ein Mädchen ist, durfte mein Freund wegen der Corona-Bestimmungen allerdings nicht mitkommen. Also schloss auch ich die Augen, als die Ärztin schallte und ließ mir das Geschlecht auf einen Zettel schreiben, den die Arzthelferin in einem Umschlag verschloss.

LUM3N auf Pixabay

Ich wartete auf einen besonderen Moment, an dem mein Freund und ich den Umschlag gemeinsam öffnen würden. Doch es fühlte sich nicht richtig an. Ich wollte das Geschlecht nicht wissen. Einige Anzeichen sprachen jedoch für einen Jungen. Mir war kaum übel und ich hatte auch weniger Gelüste auf Süßes. Außerdem zeigte mein Bauch spitz nach vorne. Mein Freund fand, dass er in der ersten Schwangerschaft ähnlich ausgesehen habe. Fremde meinten jedoch anhand der Form meines Babybauchs das Geschlecht erkennen zu können. „Ein Junge, oder?“, fragte etwa eine Dame am Check-in im Flughafen. Ihre Tochter habe erst vor kurzem entbunden und ihr Bauch habe so ähnlich ausgesehen.

Wir fokussierten uns bei der Namenssuche auf Jungennamen. Keine leichte Aufgabe, denn wir kamen auf keinen gemeinsamen Nenner. Die Namen, die mir gefielen, waren zudem fast alle schon im Bekannten- und Freundeskreis vergeben.

Privates Gender Reveal

Der errechnete Termin rückte näher. Ich war bereits im neunten Schwangerschaftsmonat, einen Jungennamen hatten wir aber immer noch nicht. Dafür umso mehr Namen für ein Mädchen.

Beim geplanten Babybauch-Fotoshooting kam mir die Idee, dieses mit der Enthüllung des Geschlechts zu verknüpfen. Die Fotografin willigte ein. Ich war aufgeregt. Im Ballongeschäft suchten wir einen großen schwarzen Ballon aus, der mit lila oder blauem Glitter befüllt werden sollte. Unsere Tochter erzählte noch, dass sie sich eine Schwester wünschte. Als wir den Ballon abholten, grinsten die Verkäuferinnen uns vielsagend an. Sie hatten den Umschlag vom großen Ultraschall öffnen dürfen, verrieten aber nichts.

Am nächsten Tag wollten wir das Geheimnis beim Fotoshooting lüften. Aufgeregt steckte ich die Nadel in den Ballon und brachte ihn zum Platzen. Doch was war das? Der Wind hatte den Glitter nach hinten geweht. Mein Freund lachte. Ich blickte zu Boden. Lila Glitter. Noch ein Mädchen! Damit hatte ich tatsächlich nicht gerechnet. Von wegen Mutterinstinkt. Ich musste über meinen erneuten Irrtum laut lachen. Unsere Tochter jubelte: „Eine Schwester!“ Die Sonne schien. Es waren die ersten zarten Frühlingsstrahlen. Nun wussten wir, dass wir uns über Jugennamen keine Gedanken mehr zu machen brauchten.

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